Mutmaßlicher Folterarzt aus Syrien vor Gericht

Als Arzt soll er in Syrien Gegner des Regimes um Diktator Assad gefoltert und getötet haben, später praktizierte er in Nordhessen. Seit heute muss sich der 36jährige Syrer Alaa M. vor dem Oberlandesgericht Frankfurt verantworten. Es ist ein außergewöhnlicher Prozess.

Vor dem Gerichtsgebäude zeigen Menschen Plakate mit den Gesichtern von Folteropfern. Der Angeklagte selbst verbirgt sein Gesicht heute vor Gericht. 2011 und 2012 soll Alaa M. als Arzt in einem Gefängnis und zwei Militärkrankenhäusern in Syrien gearbeitet haben. Dort hat er – laut Anklage – in mindestens 18 Fällen Menschen gefoltert.
Anna Zabeck, Oberstaatsanwältin
„Dort misshandelte er Gefangene, indem er ihre Geschlechtsteile in Brand setzte. Zu seinen weiteren Foltermethoden gehörten Operationen ohne Narkose und massive Schläge mit verschiedenen Werkzeugen.“
Die Vertreter des Generalbundesanwalts werfen Alaa M. außerdem einen Mord vor. Die Verteidigung kündigte heute an, die Vorwürfe während der nächsten Verhandlungstage zu entkräften.
Ulrich Endres, Anwalt Alaa M.
„Was wir heute in der Anklageschrift des GBA gehört haben, werden wir widerlegen. Das glaube ich nicht nur, sondern wir kennen ja die Akten und wir wissen die Einlassung unseres Mandanten. Sie werden sehen, dass das, was dort als Beweis aufgeführt ist, einer Prüfung vor einem deutschen Gericht nicht standhalten wird.“
Alaa M. hatte 2015 ein deutsches Visum beantragt. Seitdem arbeitete er in mehreren Kliniken in Hessisch Lichtenau und Bad Wildungen. Seine Kollegen dort sollen ihn als unauffällig beschrieben haben. Durch Aussagen syrischer Folteropfer wurden aber Ermittler auf Alaa M. aufmerksam. Im Juni 2020 wurde er festgenommen. Zahlreiche Geschädigte treten in dem Prozess als Nebenkläger auf. Den Fragen der Folteropfer will sich der Angeklagte aber nicht stellen.
René Bahns, Anwalt der Nebenklage
„Sein Verteidiger hat erklären lassen, dass Fragen der Beteiligten generell, heute und auch weiterhin, zugelassen werden – mit Ausnahme der Nebenkläger. Das kann man deuten wie man will. Als Respektlosigkeit, vielleicht auch als Angst, das weiß ich nicht.“
Einige Geschädigte werden für den Prozess aus Syrien anreisen. Im Fall einer Verurteilung droht dem Angeklagten eine lebenslange Freiheitsstrafe.