Mittelstand leidet unter Energiekrise

Energiepreisschock und Inflation treffen uns Verbraucher hart. Aber auch die Wirtschaft. Die Zahl der Insolvenzen steigt. Aktuellstes Beispiel aus unserer Region: Die Bäckereikette Thilmann Brot aus Wolken bei Koblenz. Wegen der hohen Energiepreise ist das mittelständische Unternehmen zahlungsunfähig. Nicht nur bei Thilmann Brot wächst die Wut auf die Politik. Viele mittelständische Unternehmen fühlen sich angesichts von existenzbedrohenden Strom- und Gasrechnungen vergessen.

Max Metzmacher hat Sorgen. Obwohl die beiden Apfelweinlokale, die er zusammen mit seinem Vater betreibt, gut laufen plagen ihn mit Blick auf den kommenden Winter finanzielle Sorgen.
Max Metzmacher, „Zum lahmen Esel“ Niederursel
„Wir hatten die ganze Zeit über einen Strompreis von 28 ct/kWh. Wir verbrauchen ungefähr 110.000 kw im Jahr. Aktuell liegt der Preis pro kWh bei 80 Cent, wo wir dann am Ende des Jahres mit einer Rechnung von 88.000 Euro rechnen müssen, wenn es nicht noch mehr steigt. Das ist ein Plus von ungefähr 60.000 Euro.“
Summen, die gerade mittelständische Betriebe, die nach der Corona-Pandemie kaum noch Rücklagen haben, in ihrer Existenz bedrohen. Doch die explodierenden Strompreise sind nicht das einzige Problem. Inflation, Materialkosten und teurere Kredite durch die Zinserhöhung der EZB fügen sich zu einem „toxischen Mix“ zusammen, wie es Klaus Radtke vom Verband der mittelständischen Wirtschaft in Hessen nennt. Im Entlastungspaket der Bundesregierung fehlen ihm vor allem schnell wirkende Maßnahmen.
Klaus Radtke, Bundesverband mittelständische Wirtschaft Hessen
„Man kann beispielsweise hergehen und sagen: Wir reduzieren die Energiepreise, wir geben Zuschüsse, wir verzichten im Moment, oder schieben das auf, die Steuervorauszahlungen. Es gibt eine Menge von Maßnahmen, die man kurzfristig umsetzen kann und die Betonung liegt auf „‚kurzfristig‘, weil die Mittelständler haben nichts davon, wenn sie in einem halben Jahr entlastet werden. Dann sind die meisten schon hinüber.“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck war nach der Ankündigung des dritten Entlastungspaketes massiv kritisiert worden. In der vergangenen Woche kündigte er dann an, das staatliche Energiekostendämpfungsprogramm für die Industrie auch für den Mittelstand zu öffnen. Zu wenig und zu spät, findet Oliver Weber, Obermeister der Fleischer-Innung Main und Hochtaunus. Er berichtet von weinenden Innungsgenossen, die ihm am Telefon von gekündigten Stromverträgen und verdreifachten Abschlagszahlungen erzählen.
Oliver Weber, Obermeister Fleischer-Innung Main und Hochtaunus
„Ich würde mir einfach wünschen von unserer Regierung, dass da jetzt schnellstmöglich gehandelt wird und nicht gesagt wird wie der Herr Al-Wazir, der Wirtschaftsminister von Hessen: ‚Wir werden jetzt in den nächsten Wochen ein Programm aufstellen und die Fördermittel, die Liquiditätsmittel der KfW sind ja schon vorhanden‘. Die nutzen uns nichts. Da kriege ich einen Kredit oder die Kollegen bekommen einen Kredit, der wieder zurückgezahlt werden muss. Es muss hier eine Strompreisdeckelung hin.“
Sollte das nicht bald passieren, befürchtet Weber eine regelrechte Insolvenzwelle im Mittelstand. Dann könnte auch in eigentlich wirtschaftlich gesunden Unternehmen bald das Licht ausgehen.