Mike Josef wird neuer Frankfurter Oberbürgermeister

Gestern Abend hat Frankfurt final gewählt. Und nun steht fest: Mike Josef wird neuer Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt. Der SPD-Mann setzte sich in der Stichwahl knapp gegen seinen Herausforderer Uwe Becker von der CDU durch.

Gestern Abend um 19:41 Uhr: Als strahlender Sieger betritt Mike Josef den Römer, lautstark gefeiert von seinen Anhängern. Kaum ein Durchkommen dann vor dem Kaisersaal: Jeder will dem künftigen Oberbürgermeister persönlich gratulieren. Der kann sein Glück selbst noch kaum fassen.
Mike Josef, SPD, künftiger Oberbürgermeister Frankfurt
„Ich bin einfach nur überwältigt. Überwältigt. Und ich empfinde Dankbarkeit. Dankbarkeit für unsere Stadt, die mir jetzt das Vertrauen ausgesprochen hat. Ich werde sehr demütig mit dem Vertrauen umgehen. Es ist für mich eine Ehre, diese stolze Stadt im Team – und ich sage Ihnen, das wird keine One-Man-Show – in den nächsten Jahren gestalten zu dürfen.“
Es ist bist zuletzt ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen: Nachdem die Hälfte der Wahlzettel ausgezählt ist, liegen die beiden Kandidaten noch gleichauf. Am Ende setzt sich Mike Josef dann aber knapp mit 51,7 % der Stimmen durch. Sein Herausforderer Uwe Becker kommt auf 48,3 Prozent. Und zeigt sich trotzdem als fairer Verlierer.
Uwe Becker, CDU, Oberbürgermeisterkandidat Frankfurt
„Mike Josef hat diese Wahl gewonnen. Ich gratuliere ihm sehr herzlich. Ich wünsche ihm alles Gute und viel Glück für die Gestaltung der Stadt in den nächsten Jahren. Ich persönlich sehe mein Ergebnis für einen großen Vertrauensbeweis. Und ich glaube, ein solches Ergebnis ist auch ein starkes persönliches Ergebnis. Ein starker Vertrauensbeweis der Menschen.“
Boris Rhein, CDU, Ministerpräsident Hessen
„Natürlich sind wir enttäuscht. Aber ich glaube, man muss trotzdem feststellen, das ist ein gutes Ergebnis, was Uwe Becker erzielt hat unter Großstadtbedingungen. Und insbesondere unter den Bedingungen nach dem ersten Wahlgang. Deswegen Gratulation an Mike Josef, aber auch an Uwe Becker. Er hat toll gekämpft und für Großstadtbedingungen ein starkes Ergebnis erzielt.“
Nach der Abwahl von Skandal-Oberbürgermeister Peter Feldmann wird also auch künftig ein Sozialdemokrat die Geschicke der fünftgrößten Stadt Deutschlands leiten. Mike Josef ist das erste Frankfurter Stadtoberhaupt mit Migrationshintergrund: Als Kind kommt der heute 40-Jährige als syrischer Flüchtling nach Deutschland. Schon während seines Studiums in Frankfurt engagiert er sich politisch – klagt etwa gegen die zuvor von der CDU-Landesregierung beschlossenen Studiengebühren. Mit 30 wird er Vorsitzender der SPD in Frankfurt, dann Planungsdezernent – und nun also Oberbürgermeister.
Nancy Faeser, SPD, Landesvorsitzende Hessen
„Ich gratuliere ganz herzlich Mike Josef zu diesem wirklich herausragenden Ergebnis. Mike Josef hat sich das selbst erarbeitet. Er hat eine tolle Arbeit als Dezernent der Stadt Frankfurt gemacht. Er hat den Wohnungsbau vorangetrieben. Er hat als Sportdezernent deutliche Spuren hinterlassen. Und ich glaube, dieses seriöse Arbeiten an Themen und die Stadt voranbringen zu wollen, das haben die Menschen ihm heute auch gedankt.“
Mike Josef dankt seinem Herausforderer Uwe Becker für den fairen Wahlkampf. Als Oberbürgermeister aller Frankfurter wolle er Brücken bauen und die Stadt mit den Menschen gemeinsam voranbringen. Jetzt hat das neue Stadtoberhaupt aber erst mal noch ein wenig Zeit, sich auf die neue Aufgabe vorzubereiten: Seine sechsjährige Amtszeit beginnt offiziell am elften Mai.
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Eva Dieterle, Moderatorin: In Frankfurt begrüße ich jetzt den zukünftigen Oberbürgermeister Mike Josef, guten Abend.
Mike Josef, SPD, künftiger Oberbürgermeister Frankfurt: Guten Abend, Frau Dieterle. Schöne Grüße ins Studio.
Dieterle: Herr Josef, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu Wahl. Wie war die Nacht?
Josef: Kurz. Es war eine kurze Nacht, aber natürlich voller Freude und Dankbarkeit, auch aufgrund des gestrigen Ergebnisses. Und jetzt bereiten wir in den nächsten Wochen die Grundlagen dafür vor, dass ich am 12. Mai dann das Amt übernehmen darf und unsere Stadt dann gemeinsam mit den Menschen unserer Stadt gestalten möchte.
Dieterle: Man hatte zuletzt in Frankfurt das Gefühl, es geht nichts richtig voran, weil die Feldmann-Affäre die Stadtpolitik beherrscht hat. Wie wollen Sie das diesen gefühlten Stillstand aufbrechen?
Josef: Ich glaube, es ist jetzt wirklich die Zeit der Entscheidung, es ist jetzt Zeit zu handeln. Das möchte ich gemeinsam mit der Stadtregierung machen, aber auch durchaus bei den größeren Projekten, die Gespräche mit der Opposition führen, weil wir Kontinuität in unserer Stadt brauchen. Und diese Stadt hat unheimlich große und viele Potenziale. Diese Potenziale gilt es jetzt zu heben, damit wir die Weichen stellen für die Zukunft beim Klimaschutz, bei der Bezahlbarkeit unserer Stadt, bei einer koordinierten Mobilitätswende, bei der Unterstützung der Kultur, des Sports. Das sind jetzt alles Entscheidungen, die anstehen.
Das sind keine kleinen Herausforderungen. Deswegen gehe ich da durchaus auch mit Demut ran, aber zielstrebig. Und ich möchte tatsächlich auch Führung übernehmen. Und Führung bedeutet vor allem zusammenzuführen. Innerhalb der Politik, innerhalb der Stadtregierung, innerhalb des Stadtparlaments, aber vor allem mit den Menschen unserer Stadt, die in den letzten Wochen und Monaten gezeigt haben, dass sie diese Stadt gestalten wollen, dass sie sich einbringen möchten. Und diese Kraft der Menschen in unserer Stadt möchte ich nutzen.
Dieterle: Sie haben Ihren Sieg sicherlich auch der Tatsache zu verdanken, dass viele Wähler der Grünen im zweiten Wahlgang für Sie gestimmt haben. Wie „grün“ wird Ihre Politik denn werden?
Josef: Der Klimaschutz, die Nachhaltigkeit unserer Stadt ist ganz wesentlich und dafür müssen wir jetzt die Weichen stellen, weil es am Ende auch um eine gesunde Stadt geht. Und wir haben ja auch Vereinbarungen innerhalb der Stadtregierung, die genau dieses Ziel aufzeigen. Die Frage der Klimaneutralität 2035 – deswegen geht es jetzt darum, dass wir beispielsweise unsere Fernwärmeleitung so ausbauen, dass wir mit der Nutzung der Abwärme, beispielsweise mit der Nutzung von grünem Wasserstoff, tatsächlich die Klimaschutzziele erreichen. Dass wir in der Stadtentwicklung die Frage von Fassadenbegrünung, Dachbegrünung, Photovoltaikanlagen, dass wir über nachhaltige Materialien reden, Holzbauweise, dass wir aber in der Tat auch über eine koordinierte Mobilitätswende reden, mehr ÖPNV, die Radwege entsprechend ausbauen und vor allem den ÖPNV auch bezahlbarer gestalten.
Ich bin für die Unterstützung nun auch für das Ergebnis von Seiten der Wählerinnen und Wähler, die in der ersten Wahl Grün gewählt haben und jetzt mich, a) sehr dankbar, aber ich weiß, dass es auch verpflichtet.
Dieterle: Es war ja ein ziemlich knappes Ergebnis. Was bedeutet das für Ihre Arbeit, wenn der Kandidat der größten Oppositionspartei, Uwe Becker, zwar nicht gewonnen, aber doch recht viele Wähler angezogen hat?
Josef: Also erst mal bin ich Uwe Becker sehr dankbar für den fairen Wahlkampf. Der war hart in der Sache, aber am wichtigsten ist, dass man sich danach auch immer in die Augen schauen kann, weil es in der Zusammenarbeit auch mit der Opposition jetzt darum geht, tatsächlich die großen Projekte in der Kontinuität für die Stadt gemeinsam auf den Weg zu bringen.
Und deswegen bin ich erst mal für den fairen Wahlkampf dankbar. Ich will am Ende Oberbürgermeister aller Frankfurterinnen und Frankfurter sein. Das habe ich gesagt. Ich bin nicht der Oberbürgermeister einer Partei, sondern alle Frankfurterinnen und Frankfurter. Und alle, die sich eingebracht haben, die sich einbringen wollen, für die ist meine Tür geöffnet und die will ich mitnehmen und überzeugen in den nächsten Jahren.
Weil, wenn es am Ende der Stadt gut geht, dann geht es auch den Menschen in unserer Stadt gut. Und das ist ein gemeinsames Ziel. Und dieses gemeinsame Ziel will ich verfolgen und möchte dazu einladen, kritisch, konstruktiv unsere Stadt zu bewegen, unsere Stadt zu gestalten. Das kriegen wir, glaube ich, nur gemeinsam hin und deswegen werde ich auch Oberbürgermeister aller Frankfurterinnen. Frankfurter werden.
Dieterle: Jetzt gibt’s viel zu tun für Sie. Herr Josef, vielen Dank für das Interview.
Josef: Vielen herzlichen Dank! Schöne Grüße ans Studio!