LVU-Präsident Heger zur Situation der Wirtschaft

Das Jahr 2024 neigt sich dem Ende zu. Und die Unternehmen in Hessen und Rheinland-Pfalz blicken auf schwierige 12 Monate zurück. Denn die Wirtschaft hierzulande entwickelt sich schlechter, als in den anderen großen Staaten der Europäischen Union. Und auch die Zukunfts–Aussichten sind nicht allzu rosig.

Spatenstich für eine neue Produktionsstätte von Eli Lilly – Anfang April in Alzey. Der US-Pharmakonzern investiert hier rund 2,3 Milliarden Euro. Rund 1.000 Arbeitsplätze sollen entstehen. Doch Termine wie diese – sie bleiben in diesem Jahr die Ausnahme.
Insgesamt schrumpft die Wirtschaft in Deutschland das zweite Jahr in Folge. Die Zahl der Firmenpleiten ist so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Die jährliche Arbeitslosenquote ist auf 6 Prozent gestiegen. Laut Ifo-Institut hat sich die Stimmung der Unternehmen am Jahresende noch einmal verschlechtert.
Wie stark die Konjunktur eingebrochen ist, zeigt sich dieses Jahr auch im nordhessischen Baunatal. Mitarbeiter von Volkswagen protestieren dort gegen die Pläne des Vorstandes, Löhne zu kürzen, Arbeitsplätze zu streichen und Werke zu schließen.
Angespannt ist die Stimmung auch in Ludwigshafen. Dort hat der Chemiekonzern BASF begonnen, zu teure Produktionsanlagen stillzulegen, Stellen abzubauen und immer mehr Geld im Ausland zu investieren. Die Gründe sind seit langem bekannt: Hohe Steuern, überbordende Bürokratie und vor allem: Gestiegene Energiepreise.

 

Eva Dieterle:
Und über dieses wichtige Thema spreche ich jetzt mit Johannes Heger, dem Präsidenten der Landesvereinigung der Unternehmer-Verbände in Rheinland-Pfalz. Guten Abend.
Johannes Heger:
Guten Abend.
Eva Dieterle:
Herr Heger, wie blicken die Unternehmen in Rheinland-Pfalz auf dieses fast vergangene und ja man kann sagen auch durchaus spannende Jahr 2024 zurück?
Johannes Heger:
Es wird kein besinnliches Weihnachtsfest. Die Rückblick zeigt uns, dass wir in einer langanhaltenden Rezession stecken. Und dass wir einen unbewältigten Strukturwandel haben. Wir schauen auf unser Geschäftsmodell. Da hat die Globalisierung eine große Rolle gespielt. Auch das ist nicht mehr, wie es war. Es ist zu befürchten, dass Deutschland gerade sein erfolgreiches Geschäftsmodell verliert.
Eva Dieterle:
Schauen wir in die Zukunft. Wie blicken Sie auf das kommende Jahr? Gibt es da Anlass für etwas mehr Optimismus?
Johannes Heger:
Wir brauchen starke Veränderungen in Deutschland. Märkte müssen wieder anspringen. Fachkräftemangel muss gelöst werden. Und die Energiefrage muss so gelöst sein, damit wir sicher bezahlbare Energie bekommen. Das sind drängende Themen. Und nur wenn wir hier Zuversicht kriegen, dann wird sich auch die Stimmung in den Unternehmen verbessern. Sie verbessert sich natürlich auch nur dann, wenn das Geschäft wirklich besser läuft, wenn die Umsätze steigen und die Kosten sich normalisieren und überall da, wo sie explodiert sind, wieder auf normales Niveau zurückfinden.
Eva Dieterle:
Im Februar ist die Bundestagswahl. Die Wirtschaft erhofft sich dann endlich verbesserte Rahmenbedingungen. Was muss passieren? Wie müssten diese Rahmenbedingungen denn aussehen?
Johannes Heger:
Wir brauchen mit einer neuen Bundesregierung einen echten Politikwechsel. Wirtschaft muss wieder in den Mittelpunkt gerückt werden. Wir sind doch ein Wirtschaftsstandort und das ist ja unser Aushängeschild, unsere Marke, die wir erfolgreich besetzt haben. Und nur mit einer starken Wirtschaft wird es auch ein starkes Deutschland geben. Und deswegen muss hier darauf der Fokus liegen. Wir haben auch in Deutschland ganz offensichtlich kein Erkenntnisproblem, sondern es ist ohne Mut ausgesessen worden. Das muss sich verändern. Wir brauchen Mut und Zuversicht für eine klare, handlungsfähige Situation, auf der wir wieder allgemein aufbauen können. Was mich persönlich sehr, sehr ärgert, ist, dass wir jetzt im Wahlkampf schon erleben, dass uns große Versprechungen gemacht werden. Ganz offensichtlich ist die Erkenntnis ja da, was die Wirtschaft braucht. Aber in den letzten Regierungsjahren haben wir nichts davon in der Umsetzung gesehen.
Eva Dieterle:
Sie haben gerade auf die Wahlprogramme angespielt, die liegen nun vor und man konnte sich schon einen Überblick verschaffen. Wo sehen Sie da ganz konkret Chancen für die Wirtschaft und wo auch Risiken?
Johannes Heger:
In den Wahlprogrammen taucht ja tatsächlich in allen Parteien auf, dass Wirtschaft stark gemacht werden muss. Aber wir müssen auch dran glauben, dass es eben passiert. Wir brauchen bei der Energiefrage eine Klarheit. Wir brauchen einen Abbau von Bürokratie. Wir müssen an der Steuer- und Abgabenlast für die Unternehmen drehen. Es ist nicht mehr wettbewerbsfähig. Wir müssen uns um Fachkräfte kümmern. Es muss mehr ausgebildet werden. Wir brauchen klare Zuwanderungsregeln. Wir müssen die ausländischen Talente für uns gewinnen. Und wir brauchen Infrastruktur, Straßen, Bahn, wenn man auf Rheinland Pfalz schaut, auch funktionierende Wasserwege. Und genauso im digitalen Bereich funktioniert Netzausbau.
Eva Dieterle:
Ganz klare Forderungen von der Wirtschaft, von den Unternehmen. Wir sind gespannt, was kommen wird. Herr Heger, vielen Dank für das Interview.
Johannes Heger:
Sehr gerne.