Lufthansa vor Einstieg bei ITA

Diese Nachricht aus Frankfurt sorgt für Furore in der Luftverkehrsbranche: Deutschlands größte Fluggesellschaft Lufthansa macht den ersten Schritt zur Übernahme der italienischen Staats-Airline ITA. Perspektivisch ist sogar eine 100-Prozent-Übernahme vorgesehen, so Lufthansa-Chef Carsten Spohr. Für die Lufthansa, einer der größten Arbeitgeber der Rhein-Main-Region, ist der Schritt attraktiv, doch auch für Passagiere dürfte der Schritt Folgen haben.

Bella Italia. Ob malerische Strände, Gondeltouren durch Venedig oder ein Städtetrip nach Rom – Italien gehört zu den Top-3-Reisezielen der Deutschen. Das macht das Italien-Geschäft für Fluggesellschaften wie die Lufthansa besonders attraktiv. Nach jahrelangen Verhandlungen steigt sie jetzt offiziell bei der italienischen Staats-Airline Ita ein. Die Lufthansa überweist 325 Millionen Euro nach Italien und erhält dafür 41 Prozent der Ita. Es ist der größte Zukauf der Konzern-Geschichte. Aber längst nicht der einzige in der jüngeren Vergangenheit.
Seit Mitte der 2000er-Jahre übernahm die Lufthansa mehrere europäische Fluggesellschaften. In Deutschland Eurowings und Air Berlin, im Ausland die Swiss aus der Schweiz, Austrian Airlines aus Österreich, Brussels Airlines aus Belgien und Air Dolomiti aus Italien. Mit der Ita kommt künftig eine zweite italienische Fluggesellschaft mit dazu.
Bis 2033 will die Lufthansa die Ita komplett übernehmen, Kostenpunkt:  rund 830 Millionen Euro. Die Ita würde mit rund 100 Flugzeugen und rund 5.000 Beschäftigten die größte Auslandsgesellschaft des Lufthansa-Konzerns. Die nationalen Marken will die Lufthansa weiterführen, sodass Italiener ihre Ita, Schweizer ihre Swiss und Österreicher ihre Austrian behalten. Alle jedoch unter dem Dach der Lufthansa, die dabei ist, zu einem der drei großen europäischen Luftfahrkonzerne zu werden. Nicht ausgeschlossen, dass in den nächsten Jahren weitere Beteiligungen hinzukommen. Denn attraktive Reiseziele gibt es nicht nur in Bella Italia, sondern auch in anderen europäischen Ländern.
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Eva Dieterle, Moderatorin:
Wir wollen mehr dazu wissen. Deshalb spreche ich jetzt mit unserem Wirtschaftsexperten und Chefredakteur Philipp Stelzner. Philipp, lass uns das Ganze zunächst mal einordnen. Ist es eine gute Idee des Lufthansa-Konzerns, ITA zu übernehmen? Wie bewertest du das?
Philipp Stelzner, Chefredakteur 17:30 Sat.1 live:
Ja, das ist eine sehr gute Idee, denn Italien ist ein sehr wichtiger Markt. Die ITA hat ein sehr attraktives Streckennetz und bei den Flügen nach Süden, da gibt es weiter ein großes Marktpotenzial, insbesondere bei den Ferienflügen. Das soll ja auch die Lufthansa-Tochter Discover ausnutzen. Natürlich wird es Zeit brauchen, bis die ITA mit dem Lufthansa-Konzern zusammenwächst. Der Konzernchef Carsten Spohr spricht da von 18 Monaten. Insbesondere die IT-Systeme miteinander zu verbinden, ist schwierig. Aber danach könnte die ITA dem Lufthansa-Konzern Jahresgewinne in dreistelliger Millionenhöhe bescheren. Das ist eine gute Nachricht für die Aktionäre.
Dieterle:
Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang ja auch, was dieser Zusammenschluss für die Fluggäste bedeutet. Was wird sich da ändern?
Stelzner:
Für viele Fluggäste wird es künftig einfacher sein, zu buchen und umzusteigen. Zum Beispiel, wenn sie von Frankfurt über Rom nach Bari fliegen. Da werden die Flüge von Tochtergesellschaften des Lufthansa-Konzerns in einem System angeboten. Aber wenn die ITA als eigene ständige Airline wegfällt, dann gibt es natürlich auch weniger Konkurrenz. Die Ticketpreise dürften also vermutlich steigen. Dieses Problem hat auch die europäische Union erkannt. Und deshalb muss der Lufthansa-Konzern wegen des Zusammenschlusses Start- und Landerechte abgeben, zum Beispiel an den Billigflieger Easyjet. Der wird in Rom und Mailand neue Standorte aufmachen, wird schon von dort aus neue Flugstrecken anbieten. Mal sehen, ob das den Preisanstieg ein bisschen bremsen kann.
Dieterle:
Schauen wir zum Schluss noch mal auf das große Ganze. Wie geht es denn dem Lufthansa-Konzern insgesamt?
Stelzner:
Na ja, der Lufthansa-Konzern ist in Europa, wenn wir auf den Umsatz schauen, die Nummer Eins, weltweit schon die Nummer Vier. Alle seine Zukäufe waren ein Erfolg. Aktuell hat der Konzern allerdings gerade Probleme, genügend Flugzeuge zu bekommen, er muss wieder pünktlicher werden und in seinem Heimatmarkt Deutschland, da laufen die Geschäfte deutlich schlechter als in anderen europäischen Staaten. Wir haben hierzulande noch immer nicht wieder das Niveau erreicht, das wir vor der Coronakrise hatten. Und das liegt an den hohen Kosten in Deutschland. Die liegen in Frankfurt doppelt so hoch wie in Rom. Denn die Gebühren für die Sicherheitskontrollen sind gestiegen, für die Flugsicherung, fie hohe Luftverkehrssteuer schlägt durch und deshalb fliegen Lufthansa und die anderen Airlines mit ihren Maschinen lieber in anderen Staaten als in Deutschland.
Dieterle:
Aktuelle Einschätzungen von unserem Wirtschaftsexperten. Philipp, vielen Dank dafür!
Stelzner:
Gerne!