LPR-Forum Medienzukunft

Eine starke Demokratie braucht unabhängigen Journalismus. Ohne freie Presse bleibt nur Propaganda – wie man zurzeit am Beispiel Russland deutlich sehen kann. Doch auch bei uns haben es Journalisten schwer: etwa, wenn sie von Corona-Leugnern und anderen als „Lügenpresse“ beschimpft werden. Umso wichtiger, Lügen, Desinformation und Hetze etwas entgegenzusetzen – durch klaren, aufrichtigen Journalismus. Aber wie kann das in Zeiten der Krise am besten gelingen?

Was muss guter Journalismus leisten, um nicht nur wahr-, sondern auch ernst genommen zu werden? Diese und andere Fragen standen beim „Forum Medienzukunft“ der hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien in Frankfurt im Mittelpunkt. Für die Journalistin Alexandra Borchardt steht fest: Um sich im Sturm gegen Lügen, Fake-News und Anfeindungen zu behaupten, brauche guter Journalismus vor allem eines – und zwar Haltung.
Prof. Alexandra Borchardt, TUM School of Management München
„Wir müssen ja mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Demokratie stehen. Und das alleine ist schon die Haltung, die Erdung, die wir brauchen. Denn wenn wir nicht die Demokratie vertreten, dann sägen wir ja auch den Ast ab, auf dem wir sitzen, auf dem unsere ganze Mission beruht, unser ganzes Geschäftsmodell. Wir brauchen eine Haltung gegenüber Menschenrechten. Das ist einfach unsere Aufgabe, auch die Stimmen von denen hörbar zu machen, die sonst nicht so oft gehört werden.“
Viele Menschen suchen sich ihre Wahrheiten in oft dubiosen Internetforen und nicht mehr in den klassischen Medien. Deshalb müsse sich guter Journalismus umso mehr auf seine Kernkompetenzen konzentrieren: gründliche Recherche, die saubere Trennung von Fakten und Meinung – und vor allem die Verpflichtung zur Wahrheit ohne Wenn und Aber.
Joachim Becker, Direktor der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien
„Wenn das eingehalten wird, dann ist eigentlich im Wesentlichen der Kern der journalistischen Arbeit schon erfüllt. Es gibt allerdings auch viele Dinge, auf die sich Journalisten neu einstellen müssen. Eines dieser Beispiele war: Es geht nicht nur um Events und Ereignisse, sondern um ganze Prozesse. Und solche Prozesse transparent zu machen, das ist eine besondere Herausforderung, die wir vielleicht in der Vergangenheit so noch nicht kannten.“
Jörg Steinbach, Vorsitzender der Versammlung der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien
„Wir sind ja nun schon tatsächlich in vielen, vielen Jahren auch so ein bisschen sturmerprobt im Journalismus. Das hat sich gravierend verändert. Wenn man nur zehn Jahre oder 20 Jahre zurückgeht, sah das noch ganz anders aus. Aber wichtig ist halt, dass wir immer im Gespräch bleiben und versuchen, tatsächlich auch unsere Qualitätsstandards zu sichern und hochzuhalten.“
Für Viktor Mayer-Schönberger von der Oxford-Universität sind richtige Informationen wichtig, aber nicht alles. Denn oft komme es auf die Perspektive an. Und andere Sichtweisen seien nicht selten der Schlüssel für neue Einsichten. Guter Journalismus habe dann allerdings auch die Aufgabe, verschiedene Ansichten einzuordnen.
Prof. Viktor Mayer-Schönberger, Internet Governance and Regulation, University of Oxford
„Als Journalist oder als Journalistin kann ich den anderen die Bühne geben für ihre Meinungen, für ihre Informationen. Aber das erlaubt mir auch, danach zu sagen, was ich davon halte.“
Für Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann ist es in einer Demokratie unerlässlich, dass die Presse frei und ungestört ihrer Arbeit nachgehen kann. Doch immer häufiger werde sie inzwischen daran gehindert – etwa, wenn Interviews auf Demonstrationen mit Trillerpfeifen gestört oder Fahnen vor Kameraobjektive gehalten würden. Dass das bislang nicht strafbar sei, müsse sich so schnell wie möglich ändern.
Eva Kühne-Hörmann, CDU, Justizministerin Hessen
„Die Initiativen, die wir jetzt starten, gehen über den Bundesrat. Zu versuchen, eben die Phänomene, die in der Praxis auftreten, nicht mehr straffrei zu lassen, sondern Straftatbestände zu bekommen, die das eben unter Strafe stellen, damit Journalisten dann auch ihrer Arbeit nachgehen können. Im Sinne der Berichterstattung, der Meinungsäußerung und der Demokratie.“
Am Ende sind sich die Teilnehmer des „Forums Medienzukunft“ einig: Eine stabile und widerstandfähige Gesellschaft ist ohne guten und unabhängigen Journalismus nicht denkbar.