„Lost Place“: Das alte Polizeipräsidium in der Frankfurter Innenstadt

Alte Fabrik-Gelände, verlassene Häuser, verwaiste Bunker-Anlagen: So genannte „Lost Places“ sind mysteriöse Orte, an denen die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Einen solchen „Lost Place“ gibt es auch mitten in der Frankfurter Innenstadt: Das alte Polizei-Präsidium unweit des Hauptbahnhofs. Abgesehen von einer kurzen Zwischen-Nutzung als Diskothek steht das Bauwerk aus der Kaiserzeit nun schon seit fast 20 Jahren leer. Abenteurer aufgepasst: Seit kurzem ist es möglich, den geheimnisvollen „verlorenen Ort“ zu betreten.

 

Das Alte Polizeipräsidium an der Friedrich-Ebert-Anlage, erbaut von 1911 bis 1914, ist ein echtes Stück Frankfurter Geschichte. Stadtführer Christian Setzepfandt nimmt die Besucher mit auf eine geheimnisvolle Reise in längst vergangene Zeiten. Zunächst geht es in die alte Eingangshalle mit dem imposanten Treppenaufgang. Die originalerhaltenen Jugendstilfenster tauchen den Raum in ein gespenstisches Licht: Ein Paradies für Hobbyfotografen. Vor allem aber für Freunde der Kriminalgeschichte. 
Christian Setzepfandt, Stadtführer: „Die Frankfurter Polizei war ja in mehrerer Hinsicht auch eine, die auch Standards gesetzt hat. Denken wir daran, dass zum Beispiel der Fingerabdruck in die deutsche Kriminalistik in Frankfurt das erste Mal eingeführt worden ist. Oder das man hier angefangen hat, Giftmorde nachweisen zu können.“
Doch das Alte Frankfurter Polizeipräsidium steht nicht nur für Sternstunden der Kriminaltechnik, die aus der polizeilichen Ermittlungsarbeit bis heute nicht wegzudenken sind: Es hat auch seine düsteren Seiten. Wenn diese Wände reden könnten – dann hätten sie was zu erzählen. Etwa über den mysteriösen Mord an der Frankfurter Edelprostituierten Rosemarie Nitribitt im Jahr 1957.
Christian Setzepfandt, Stadtführer: „Rosemarie Nitribitt war in ihrem Beruf richtig erfolgreich. Wir wissen, dass sie so erfolgreich gewesen ist, weil sie ein kleines Notizbuch geführt hat.“
Ungefähr so könnte es ausgesehen haben – das Notizbuch der Nitribitt. Der Inhalt des Originals: Äußerst brisant. Denn dort hatte Rosemarie Nitribitt nicht nur sämtliche Einnahmen notiert, sondern auch die Namen ihrer teils höchst prominenten Kunden.
Alle Tatverdächtigen wurden damals in diesem Raum verhört. Der Fall Nitribitt wurde nie aufgeklärt – bis heute besteht der Verdacht, dass es sich bei ihrem Mörder um eine einflussreiche Person aus höheren Kreisen gehandelt haben muss. Wäre der Täter damals geschnappt worden, dann wäre er wohl zunächst mal hier gelandet: In einer der zwölf Gefängniszellen des alten Polizeipräsidiums. Bekanntester Häftling: Der junge Andreas Baader, der 1968 nach der Brandstiftung in einem Frankfurter Kaufhaus vorübergehend hier einsaß und später die Rote Armee Fraktion gründete.
Rund eineinhalb Stunden und unzählige Geschichten später hat das Tageslicht die Besuchertruppe wieder. Mit bleibenden Eindrücken. 
Stephan Manz: „Total spannend. Von Herrn Setzepfandt auch sehr kurzweilig gemacht. Viel morbider Charme.“
Jennifer Jakel: „Die alte Architektur war sehr beeindruckend. Und wenn man sich dann so vorgestellt hat, wie das damals alles so war, in echt…“
Britta Kadolsky: „Dass das hier so ein total verrückter Ort ist, wusste ich schon. Aber die Führung hat es jetzt noch einmal viel klarer gemacht. Hat mir sehr gut gefallen.“
Wer sich das Alte Polizeipräsidium nun selbst mal von innen anschauen will, hat noch bis Ende März die Gelegenheit dazu. Danach wird das geschichtsträchtige Gebäude in ein modernes Wohn- und Bürohaus umgewandelt.