Gesundheitsprobleme nach der Corona-Impfung

Noch nie wurde so viel über das Impfen gesprochen, wie in Zeiten der Corona-Pandemie. Vom Nutzen der Corona-Impfung sind die allermeisten Wissenschaftler und Ärzte überzeugt. Doch auch wenn es bislang bei vielen Milliarden Impfungen keine Probleme gegeben hat. Nebenwirkungen oder Impfschäden können nie ganz ausgeschlossen werden. Das hat auch eine junge Frau aus Frankfurt erlebt, die uns jetzt ihre Geschichte erzählt.

Der 02. Mai 2021: Es ist der Tag, an dem Felicia Binger ihre erste Biontech-Impfung gegen das Coronavirus bekommt. Ein Tag, auf den sich die junge Schauspielerin gefreut hatte, denn als Risikopatientin mit Asthma wollte sie endlich vor dem Virus geschützt sein. Doch bereits einen Tag später entwickelt Felicia einen schmerzhaften Ausschlag am ganzen Körper, Diagnose: Nesselsucht.
Felicia Binger: „Und dann, nach kurzer Zeit, habe ich ganz massive Kopfschmerzen bekommen, also Migräne, ich musste mich übergeben, konnte nicht mehr richtig gucken. Mein Fuß hat sich entzündet, also die Nerven, sodass mir das beim Laufen weh getan hat. Ich habe ganz viele Allergien entwickelt, Histaminintoleranz entwickelt.“
Hinzu kommen Symptome, wie sie teilweise auch bei Long-Covid-Patienten beobachtet werden: Muskelzuckungen, extreme Müdigkeit, Herzschmerzen, Probleme mit der Periode. Felicias Hausärztin hat ihr inzwischen eine Impfbefreiung ausgestellt. Die Nesselsucht, die beim Robert-Koch-Institut als mögliche Nebenwirkung gelistet ist, hat sie durch Medikamenten im Griff. Zu den anderen Symptomen fehlt bis heute eine eindeutige Diagnose. Und damit auch eine Behandlung. 15 Fachärzte hat Felicia aufgesucht. Viele führten ihre Beschwerden auf Stress zurück.
Felicia Binger:  „Das heißt man ist in dieser Notsituation, es geht einem super schlecht. Und gleichzeitig muss man noch diese ganzen Behörden abklappern, irgendwie versuchen, dass man überhaupt ernst genommen wird. Also der Weg wird extrem schwer gemacht und das in so einer Notsituation, wo man eigentlich nicht mal in der Lage ist, sich selbst zu helfen, das ist das schlimme.“ (18 Sek.)
Ob Beschwerden tatsächlich durch eine Impfung verursacht wurden oder andere Ursachen haben, sei für Hausärzte oft schwer zu beurteilen, sagt Allgemeinmediziner Dr. Gerhardt.
Dr. Günter Gerhardt, Allgemeinmediziner: „Da muss man sich wirklich Zeit nehmen. Da ist es wichtig, eine ganz ausführliche Anamnese zu machen, also eine Befragung: Wann ist es aufgetreten, wo ist es aufgetreten, in welchem zeitlichen Zusammenhang.
Mit den Corona-Impfstoffen hat der Mediziner in seiner Praxis sehr gute Erfahrungen gemacht. Die allermeisten vertragen sie gut, sagt er. Verdachtsfälle von Nebenwirkungen hat auch Dr. Gerhardt schon melden müssen, doch das nur äußerst selten.
Im aktuellen Sicherheitsbericht registriert das Paul-Ehrlich-Institut 1,6 Verdachtsfälle pro 1.000 Impfdosen. Für schwerwiegende Fälle, wie zum Beispiel Herzmuskelentzündungen oder Thrombosen, beträgt die Melderate 0,2 auf 1.000 Dosen. In Summe zählt die Behörde im Zeitraum von elf Monaten etwa 197.000 Verdachtsmeldungen auf Nebenwirkungen bei 123 Millionen verabreichten Impfdosen.
Bei den meisten Symptomen, die nach einer Impfung auftreten, handelt es sich um sogenannte Impfreaktionen, die nach wenigen Tagen wieder abklingen. Von einem tatsächlichen Impfschaden ist die Rede, wenn Beschwerden über das übliche Maß hinausgehen.
Von Long-Covid-ähnlichen Symptomen nach einer Impfung hat auch Dr. Gerhardt schon gehört. In solchen Fällen könne ein Test auf Autoantikörper sinnvoll sein. Dieser kann Aufschluss darüber geben, ob ein Patient möglicherweise autoimmun auf eine Impfung reagiert hat.
Dr. Günter Gerhardt, Allgemeinmediziner: „Es können über das Immunsystem Autoimmunreaktionen auftreten. Das kann passieren. Ist ja auch schon veröffentlicht in der Richtung, also Immundysregulation.“
Und tatsächlich: Ein Laborbefund zeigt, Felicia hat Autoantikörper im Blut.
Grundsätzlich gilt: bei einem Impfschaden haftet der Staat. So steht es im Infektionsschutzgesetz. Ob er anerkannt wird, darüber entscheidet das jeweilige Versorgungsamt des Bundeslandes. Bis Anfang Februar dieses Jahres wurden in Hessen 80 Anträge zur Anerkennung eines Impfschadens gestellt, in Rheinland-Pfalz 130. Kein Antrag wurde bisher bewilligt.
Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller rät Betroffenen, sich nicht an das Versorgungsamt, sondern direkt an die Impfstoffhersteller zu wenden. Seine Kanzlei betreut aktuell 180 solcher Fälle.
Joachim Cäsar-Preller, Rechtsanwalt:  „Es kursiert ja so das Gerücht, dass die gar nicht haften, sondern dass die Bundesrepublik Deutschland quasi die Haftung für die Hersteller ausgeschlossen hätte, das ist natürlich nicht richtig. Die Haftung der Geschädigten, der Patienten, die besteht eins zu eins.“
8000 Euro hat Felicia nach eigenen Angaben bislang für Untersuchungen bezahlt. Aber eine finanzielle Unterstützung sei für die Betroffenen nicht so wichtig, wie eine wirksame Behandlung.
Felicia Binger: „Es geht ja darum, dass man ihnen hilft. Die Fälle sind ja da und es geht darum, dass man ärztliche Hilfe schafft für diese Menschen.“
Sich mit anderen Betroffenen über soziale Medien auszutauschen helfe ihr sehr, sagt Felicia. Dass es in seltenen Fällen Nebenwirkungen geben kann, sei ihr bewusst gewesen. Doch dass sie dann damit allein gelassen wird, das habe sie nicht gewusst.