Lebensmittelskandal in Hessen – Mann stirbt in Klinik in Offenbach

Ein Toter, drei Erkrankte – das ist die traurige Bilanz eines Lebensmittelskandals in Hessen. Ein Obst- und Gemüsebetrieb aus Südhessen soll verseuchte Lebensmittel unter anderem an Krankenhäuser geliefert haben. Die Staatsanwaltschaft in Darmstadt ermittelt. Heute nun hat sich erstmals die zuständige Ministerin geäußert – warum es keine regelmäßigen Kontrollen gegeben hat und warum der Fall erst jetzt öffentlich wird, das sind nur zwei von vielen offenen Fragen.

Das Unternehmen Maus in Gernsheim. Bereits im Februar fallen hier schwerwiegende hygienische Mängel auf. Im Gutachten der hessischen Lebensmittelsicherheit soll die Rede von unzureichender Desinfektion, Schimmel und im Kartoffelbetrieb auch von Rattenkot sein. Das geschnittene Gemüse soll mit Bakterien, sogenannten Listerien verunreinigt gewesen sein. Gemüse, das unter anderem auch an das Sana-Klinikum in Offenbach geliefert worden ist. Zwischen Oktober 2021 und Januar 2022 sollen sich in den Kliniken in Offenbach und Frankfurt mehrere Menschen mit diesen Listerien infiziert haben. Einer von ihnen ist gestorben.
Die Verantwortlichen im Landkreis Groß-Gerau räumen Mängel bei den Kontrollen ein. Zwei Jahre lang wurde der Betrieb in Gernsheim nicht kontrolliert, obwohl die Vorschriften zwei Kontrollen im Jahr verlangten.
Walter Astheimer, Bündnis ’90 / Grüne, Gesundheitsdezernent Kreis Groß-Gerau
„Man kann sich nicht zurückziehen auch in Zeiten von Pandemie, wo wir andere Dinge umstrukturiert haben auch in der Personennachverfolgung, es ist ja alles Gesundheitsamt und wir waren voll beschäftigt, rund um die Uhr von Montag bis Sonntagabend und wieder von Montag bis Sonntag, so dass manche Dinge ein bißchen zurückgedrängt worden sind. Das ist aber keine Entschuldigung dafür, dass das passiert ist und das wird aufgearbeitet und wird Konsequenzen haben, dass wir wieder sag ich mal besser werden, dass sowas, sag ich mal, nicht mehr passieren kann.“
Unabhängig von den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen werde auch der Kreis bis Ende der Woche weitere Konsequenzen prüfen.
Zwei Monate gelangte der Skandal nicht an die Öffentlichkeit. Jetzt hat er sehr schnell auch das hessische Verbraucherschutz-Ministerium erreicht und setzt die zuständige Ministerin Priska Hinz unter Druck.
Denn bereits im Jahr 2019 war das Ministerium im Zuge des „Wilke Wurst“ Skandals in den bundesweiten Schlagzeilen. Damals wurden in dem Fleisch-Betrieb in Nordhessen ebenfalls Listerien nachgewiesen. 37 Krankheitsfälle und drei Tote wurden damit in Verbindung gebracht.
Erst vor wenigen Wochen forderte der Landesrechnungshof das Land und somit das zuständige Ministerium auf, die Überwachung der Lebensmittel-Kontrollen zu verbessern, da die teilweise sehr niedrigen Erfüllungsquoten im Lebensmittelbereich so nicht hinnehmbar seien.
Die Ministerin betont heute, dass Sie die Kreise und Kommunen mit schlechten Erfüllungsquoten auf Ihre Kontrollpflichten hingewiesen habe.
Priska Hinz, Bündnis ’90 / Grüne, Verbraucherschutzministerin Hessen
„Natürlich sind die Kreise, die sind zuständig, sind die Kreise diejenigen, die die Kontrolltätigkeiten auszuführen haben. Und der Kreis hat ja bereits zugegeben, dass sie ihre Kontrolltätigkeit nicht ernst genommen haben und dass die Kontrolltätigkeit zwei Jahre ausgesetzt war und das ist meines Erachtens nicht akzeptabel.“
Doch das will die Opposition im hessischen Landtag nicht einfach so stehen lassen. Die SPD-Fraktion fordert die Ministerin auf, nach dem zweiten tödlichen Lebensmittelskandal in Hessen persönliche Konsequenzen zu ziehen.
Christoph Gehring, Pressesprecher SPD-Landtagsfraktion Hessen
„Die Ministerin hat ja immer wieder gesagt, dass sie aus dem Fall Wilke Konsequenzen ziehen will, dass alles besser werden soll. Der Fall jetzt aus Groß-Gerau sagt eigentlich ziemlich deutlich, dass das Konzept der Ministerin, so wie sie es angelegt hat, nicht funktioniert hat.“
Rene Rock, FDP, Vorsitzender FDP-Landtagsfraktion Hessen
„Na ja, wir kannten ja die Situation durch Wilke, die Ministerin hat Besserung gelobt und hat gesagt, sie würde jetzt ins System implementieren, das sowas eben nicht mehr passieren kann und jetzt ist es gerade wieder passiert mit dem gleichen Systemversagen wie bei Wilke und damit hat die Ministerin natürlich eine Verantwortung, die sie jetzt aufklären muss.“
Bei einer Ausschusssitzung in der kommenden Woche wird die Ministerin Rede und Antwort stehen müssen.
Wie kann es sein, dass sich Krankenhaus-Patienten, mit verseuchtem Gemüse infizieren? Wie kann es sein, dass der Landkreis den Betrieb zwei Jahre lang nicht kontrolliert hat? Wer trägt dafür die Verantwortung? Fragen, die aktuell wohl nicht nur die Staatsanwaltschaft beschäftigen.