Lebenslange Haft für falsche Narkoseärztin

Es ist eines der größten Mord-Verfahren in der Kasseler Justizgeschichte: Der Prozess gegen Meike S. – vielen inzwischen bekannt als „die falsche Ärztin“. Die Vorwürfe gegen sie wiegen schwer: Mehrfacher Mord und versuchter Mord, außerdem gefährliche Körperverletzung in zahlreichen Fällen. Dazu Urkundenfälschung, Betrug und der Missbrauch von Titeln. Die Anklageliste ist lang. Heute wurde in diesem Mammutprozess das Urteil gesprochen.

 

Lebenslang wegen Mordes in drei Fällen und eine besondere Schwere der Schuld! Mit diesem Urteil ist das Landgericht Kassel der Forderung der Staatsanwaltschaft gefolgt. Die Höchststrafe für Meike S. die heute erst nach den Journalisten den Saal betreten hat. Die Richter sehen es als erwiesen an, dass sich die heute 51Jährige mit einer gefälschten Zulassung eine Stelle als Narkoseärztin in einem Krankenhaus im hessischen Fritzlar erschlichen hatte. Sie war dort von 2015 bis 2018 tätig. Durch Behandlungsfehler sind unter anderem drei Patienten gestorben. Für die Richter vorsätzlicher Mord aus niedrigen Beweggründen.
Stephan Schwirzer, Oberstaatsanwalt Kassel: „Das Gericht ist davon ausgegangen, dass die Angeklagte hier in einem Geltungsbedürfnis gehandelt hatte, dass sie sich hier als Retterin und Heilerin präsentieren wollte und dass sie diesen äußert prestigeträchtigen Beruf nicht nur als Ärztin, sondern als Ärztin in einem äußert risikoträchtigen Bereich – nämlich der Anästhesie – ausüben wollte, um ihr eigenes Geltungsbedürfnis zu befriedigen und sie das über das Wohl der Patienten, die sie faktisch behandelt hat, gestellt hat.“
Rund 500 Zeugen haben an den knapp 50 Prozesstagen ausgesagt. Es ist ein Verfahren, das bundesweit für Aufsehen gesorgt hat. Die falsche Ärztin war im Jahr 2014 sogar in einer lokalen TV-Talkshow aufgetreten. Verkaufte sich dort selbstbewusst regelrecht als medizinisches Multitalent. 2019 wurde der Betrug mit seinen fatalen Folgen der Öffentlichkeit bekannt. Es folgte die Mord-Anklage. Der Verteidiger von Meike S. plädierte auf 8 Jahre Freiheitsstrafe. Seiner Ansicht nach war die mündliche Urteilsbegründung heute lückenhaft.
Sven Schöller, Verteidiger von Meike S.: „Im Ganzen muss man davon ausgehen, dass die Angeklagte bei jeder Operation jedenfalls mit einem Heilungswillen gehandelt hat. Wir haben auch im Rahmen der einzelnen begutachteten Narkoseprotokolle im Wesentlichen Maßnahmen, therapeutische Maßnahmen feststellen können, die dazu dienten, kritische Gesundheitszustände der Patientinnen und Patienten zu beenden. Also der Lebenserhaltung dienten.“
Meike S. habe nicht vorsätzlich töten wollen und deshalb keinen Mord begangen. Die Verteidigung will gegen das Urteil Revision einlegen.