Ländern ziehen die Stellschrauben bei der Corona-Bekämpfung weiter an

„Wir sehen uns am Donnerstag“ – mit diesen Worten haben sich die Ministerpräsidenten der Länder gestern von Noch-Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bald-Bundeskanzler Olaf Scholz verabschiedet. Konkrete Beschlüsse zur Bekämpfung der Corona-Pandemie sind nicht zustande gekommen. Noch nicht. Das soll nun morgen auf der Ministerpräsidenten-Konferenz nachgeholt werden. Und so haben die Bundesländer schon mal eigenverantwortlich verschärft. Mit der Folge, dass überall andere Regeln gelten. Niemand blickt mehr durch, was gilt, was nicht.

Hoffnungsvoll war Jochen Ruths ins diesjährige Weihnachtsgeschäft gestartet. Doch jetzt steht fest, ab Sonntag dürfen in seinem Modehaus in Friedberg nur noch Geimpfte und Genesene einkaufen.
Jochen Ruths, Inhaber Mode Ruths
„Das war die große Hoffnung, dass wir jetzt ein einigermaßen normales Weihnachtsgeschäft machen, vielleicht auch ein bisschen was aus dem letzten Jahr nachholen. Ja, diese Hoffnung ist im Grunde genommen jetzt zerschlagen, weil es jetzt einfach nur noch gilt, da irgendwie durchzukommen.“
2G kommt in Hessen im gesamten Einzelhandel mit Ausnahme der Grundversorgung, wie zum Beispiel Lebensmittelgeschäften.
Jochen Ruths will das Beste draus machen, damit werben, dass Shoppen jetzt noch sicherer ist. Er fordert aber auch weitere Wirtschaftshilfen, die vor allem unbürokratisch fließen sollen.
Jochen Ruths, Präsident Hessischer Handelsverband
„Weil wir im Grunde genommen jetzt auch ein Stück weit das wieder ausbaden, was Politik nicht geschafft hat, nämlich die Impfquote nach oben zu treiben.“
Im rheinland-pfälzischen Einzelhandel hingegen bleibt alles wie gehabt. Zutritt haben weiterhin auch nicht-Immunisierte Kunden. Denn:
Clemens Hoch, SPD, Gesundheitsminister Rheinland-Pfalz
„Wir sehen auch die Herausforderung der Abgrenzung, wo gilt dann 2G und wo gilt nur die Maske wie im Lebensmitteleinzelhandel. Die Diskussion hatten wir alle schon mal und deswegen haben wir für uns gesagt: Wir brauchen hier keine Schärfung, würden aber bundeseinheitlich einer gemeinsamen Linie folgen, weil wir sonst auch wieder Ungleichbehandlungen zu anderen Ländern haben.“
Doch bereits jetzt sind die ab dem Wochenende gültigen Maßnahmen in Hessen und Rheinland-Pfalz alles andere als einheitlich. Beginnend damit, dass sie in Rheinland-Pfalz am Samstag und in Hessen am Sonntag in Kraft treten.
Beide Bundesländer wollen die Teilhabe für Nicht-Immunisierte reduzieren.
Volker Bouffier, CDU, Ministerpräsident Hessen
„Wir wollen nicht warten, bis wir Verhältnisse haben, wie in anderen Bundesländern, sondern wir sind verpflichtet, der Gesundheit und dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger, aber ich sag`s auch nochmal: auch und gerade dem Respekt derer, die in dieser Pandemie ganz Außerordentliches leisten.“
In Rheinland-Pfalz darf sich – in Bezug auf die Nicht-Immunisierten – deshalb ein Haushalt dann nur noch mit einer weiteren Person treffen. In Hessen dürfen zwei Haushalte zusammenkommen.
Großveranstaltungen wie Fußballspiele dürfen in Hessen nur noch mit einer Auslastung von 25% stattfinden. Rheinland-Pfalz hat hier noch keine Entscheidung getroffen.
Malu Dreyer, SPD, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„Ich wünsche mir – und das wird auch so kommen -, dass wir bis Donnerstag dann eine gemeinsame Regelung gibt für ganz Deutschland. Alles andere wäre auch gar nicht mehr nachvollziehbar.“
Während in Hessen in Innenräumen verpflichtend 2G und Maske gelten wird, verschärft Rheinland-Pfalz hier und führt überall dort, wo die Maske im Innenraum nicht durchgehend getragen wird, 2G+ ein. Das heißt beispielsweise im Restaurant müssen Geimpfte und Genesene zusätzlich einen negativen Test vorlegen. Kann die Maske im Innenraum, wie beim Friseurbesuch, ununterbrochen getragen werden, reicht 2G.
Der Hotel-und Gaststättenverband hält es für falsch, Geimpften und Genesenen den Restaurantbesuch zu erschweren.
Gereon Haumann, Präsident Dehoga Rheinland-Pfalz
„Das ist ein Quasi-Lockdown fürs Gastgewerbe, das halten unsere Betriebe nicht aus. Deshalb fordere ich, es muss dann einen harten Lockdown für die Nicht-Geimpften geben.“
Bei Veranstaltungen im Außenbereich, beispielsweise bei Weihnachtsmärkten, gilt in Rheinland-Pfalz künftig ebenfalls 2G. Von der 2G-Regel allgemein ausgenommen sind in beiden Bundesländern Minderjährige.
Der Frankfurter Virologe Martin Stürmer befürchtet, dass sämtliche Maßnahmen jetzt zu spät kommen und nur drastische Einschränkungen, auch für Geimpfte, die vierte Welle noch brechen könnten.
Dass Bund und Länder bei ihrem Treffen morgen derart scharfe Maßnahmen beschließen, ist nicht zu erwarten. Sicher dürfte aber sein, dass sich an den gerade erst gestern Abend vorgestellten Beschlüssen wieder etwas ändern wird.