Bioscientia forscht nach Corona im Abwasser

Die aktuellen Corona-Infektionszahlen – man möchte sagen, sie sind so ungenau wie nie. Denn in der Statistik landen nur diejenigen, bei denen Corona mittels eines PCR-Tests nachgewiesen wurde. Wie hoch also die Dunkelziffer ist? Schwer zu sagen. In Rheinland-Pfalz wird deshalb jetzt das Abwasser untersucht. Warum und wie das funktioniert, haben wir uns im medizinischen Labor Bioscientia in Ingelheim angeschaut. Denn hier landen die Wasser-Proben aller rheinland-pfälzischen Kläranlagen.

Hier wird im wahrsten Sinne des Wortes im Trüben gefischt. Genauer gesagt, in Abwasser. Denn es lassen sich kaum noch Menschen auf Corona testen. Doch wer Coronaviren im Körper hat, der scheidet sie auch aus. Und genau das machen sich die Wissenschaftler zunutze.
Dr. Oliver Harzer, Laborleiter Bioscientia: „Was machen wir da? Wir arbeiten dieses Klärwasser sozusagen dann auf und untersuchen dann mit den gleichen Methoden die ausgeschiedenen Viren in einer bestimmten Menge Klärwasser.“
Die Wasserproben stammen aus fünfzehn verschiedenen Klärwerken in ganz Rheinland-Pfalz. Hier in Ingelheim werden sie untersucht. Dafür werden zuerst verschiedene Lösungen hinzugegeben. Diese bewirken, dass sich die einzelnen Bestandteile im Abwasser nicht immer weiter zersetzen, damit man die Viren noch messen kann. Dann wird das Abwasser gefiltert. Lediglich die Virusbestandteile von Sars-Cov-2 sollen übrig bleiben, damit zu guter Letzt – vereinfacht gesagt – gemessen werden kann, wie viel Virus in der jeweiligen Probe vorliegt. Lässt die Virusmenge im Abwasser in einer Region auf deutlich mehr Infizierte schließen als durch Tests bekannt ist, ist das ein Hinweis auf eine hohe Dunkelziffer.
Dr. Oliver Harzer, Laborleiter Bioscientia: „Wir hoffen, dass wir über solche Entwicklungen dann irgendwann mal sagen können, ups in einer Region wird es jetzt doch deutlich stärker und vielleicht müsste man da doch ein paar mehr Maßnahmen treffen. Also in Bezug auf im öffentlichen Raum dann doch wieder mehr Maske tragen oder auch mehr testen.“
Gesammelt, ausgewertet und interpretiert werden die Daten, die Bioscientia liefert, im Krebsregister Rheinland-Pfalz, einer medizinischen Datenbank. Da das Abwasser erst seit Anfang Oktober ausgewertet wird, kann man hier auf Anfrage noch keine Aussage über erste Analyse-Ergebnisse treffen. Grundsätzlich soll die Untersuchung von Abwasser das Testen nicht ersetzen. Vielmehr soll sie anlasslose Tests überflüssig machen. Das spart Geld und verhindert, dass die Labore wie in vergangenen Pandemiewellen durch gigantische Mengen an Coronatests in Arbeit versinken.
Dr. Oliver Harzer, Laborleiter Bioscientia: „Es ist natürlich ein Unterschied, ob ich zweimal in der Woche 15 oder selbst hundert Klärproben kriege oder ob ich jeden Tag tausende von Patientenproben kriege. Das macht einen Unterschied und es ist auch gesundheitsökonomisch – bzw. in dem Fall waren es ja auch häufig Steuergelder – auch für unsere Steuerkassen ein riesiger Unterschied.“
Noch steckt das Abwasser Monitoring in den Kinderschuhen. Der weitere Verlauf der Corona-Pandemie wird sich kurzfristig nicht vorhersehen lassen. Vielmehr geht es darum, ein Frühwarnsystem zu etablieren, das uns im Hinblick auf künftige Virusausbrüche besser vorbereitet sein lässt als es zu Beginn der Corona-Pandemie der Fall war.