Kunstausstellung über jüdische Verstecke

Dieser Baum, die sogenannte „Josef-Eich“ steht in Polen und sie hat Leben gerettet. Während des nationalsozialistischen Völkermords an den Juden versteckten sich die Brüder Dawid und Paul Denholz im Innern des Baumes. „Architekturen des Überlebens“ – so heißt die aktuelle Ausstellung im Jüdischen Museum in Frankfurt.

Neun Verstecke, neun Architekturen des Überlebens. Baumhöhlen, leere Gräber, Höhlen, Abwasserkanäle. Reale Orte als Vorlage für Kunst. Skulpturen, die Geschichten erzählen, die bisher unbekannt waren.
Dr. Natalia Romik, Künstlerin und Politikwissenschaftlerin
„Der Abguss ist von einem realen Versteck gemacht, im Maßstab 1:1. Das sind also keine Skulpturen, die meiner Fantasie entspringen. Diese hier zum Beispiel. Das ist ein Stück Parkett eines Privathauses in Schowkva. Darunter hat sich die Familie Kramer versteckt. Über ein Jahr 18 Menschen in einem Keller.“
Die Skulptur des Verstecks ist Teil eines Forschungsprojekts. Viele Wissenschaftler sind im Team von Natalia Romik. Vier Jahre lang haben sie die Orte untersucht – die Verstecke von polnischen und ukrainischen Juden vor deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Mithilfe von dreidimensionalen Scans werden sie lebendig. Sie überhaupt ausfindig zu machen, war schwierig.
Dr. Natalia Romik, Künstlerin und Politikwissenschaftlerin
„Der Hintergrund ist ein Wissenschaftsprojekt. Zuerst habe ich sehr viel Zeit in Archiven verbracht. In großen und kleinen Archiven überall in Polen. Und im zweiten Teil des Projekts haben wir die Orte der Verstecke aufgesucht und untersucht.“
Es ist schwer zu glauben, dass Menschen in einem Baum überleben konnten, doch zwei Brüder haben es geschafft. Auch Zeitzeugen und Familienangehörige haben dem Forschungsteam geholfen, mehr über die Zufluchtsorte herauszufinden.
Mirjam Wenzel, Direktorin Jüdisches Museum Frankfurt
„Die Wehrmacht hat während ihrer Besatzung und ihres schnellen voran Eilens unmittelbar begonnen mit den judenfeindlichen Maßnahmen. Mit Erschießungen, mit Ghettoisierung. Das heißt, im Osten blieb nicht so viel Zeit, so ein Hinterhaus vorzubereiten, in dem etwa Anne Frank sich versteckt hielt. Das sind ad hoc entstandene Verstecke, die sie hier sehen.“
Eine Bleibe auf Zeit, manchmal für mehrere Monate. Einige Juden überleben in den Verstecken, viele sterben in ihnen, manche werden entdeckt. Die Skulpturen von Natalia Romik glänzen silbern, als eine Hommage an ihren Mut und ihre Kreativität.
Dr. Natalia Romik, Künstlerin
„Ich will die Leistung der Amateur-Architekten anerkennen, die so etwas bauen konnten. Die Skulpturen sind Denkmäler für ein großes Trauma und den Willen zu überleben.“
90 Prozent der polnischen Juden sind im Zweiten Weltkrieg gestorben, ermordet worden. Auch daran erinnert die Ausstellung „Architektur des Überlebens“. Die Verstecke und ihre Geschichte bleiben bis zum 1. September im Jüdischen Museum Frankfurt.