Künstliche Intelligenz in der Pflege
Einer Erhebung des hessischen Pflegemonitors nach werden hierzulande bis zum Jahr 2030 mehr als 20.000 neue Vollzeitkräfte in der Pflege benötigt. Doch momentan schaffen es viele Einrichtungen nicht einmal, ihre aktuell offenen Stellen zu besetzen. Im Rahmen unserer 17:30 Sat.1 live – KI-Serie haben wir uns einmal im hessischen Mörfelden-Walldorf angeschaut, wie dort ein kleiner Helfer mit künstlicher Intelligenz im Alltag mithilft. Ein Beispiel dafür, welche Rolle die KI zukünftig in der Pflege spielen kann – und wo sie auch an ihre Grenzen stößt.
„Bitte kommen Sie zur Medikamentenausgabe in das Büro.“
Temi dreht seine Runde, in der Wohngruppe. Hier in Mörfelden-Waldorf wohnen 24 Menschen mit psychischen Behinderungen, wie Elena und Nooryar. Temi soll sie nicht nur an ihre täglichen Termine erinnern, sondern auch in allen anderen Lebenssituationen unterstützen.
Elena, leidet unter einer Angststörung
„Der kann mich sehr ablenken. Also wenn ich jetzt Angstzustände habe oder so, dann schafft der das immer wieder mir zu helfen und ich beschäftige mich auch sehr gerne mit ihm auf Youtube oder Gedächtnistraining oder so. Der hat ja sehr viele Funktionen.“
Ob Kochrezepte oder Fitnessprogramm: Temi bietet einige Interaktionsmöglichkeiten, lässt sich per Sprachbefehl oder Touchsteuerung bedienen und findet sich auch in der Wohngruppe selbstständig zurecht.
Valentin Schwind ist Professor für Mensch-Computer-Interaktion in Frankfurt und Experte für KI. Die größten Hürden für den Einsatz neuer Technologien in der Pflege sieht er vor allem in der Akzeptanz der Patienten und in rechtlichen Bedenken.
Valentin Schwind, Professor für Mensch-Computer-Interaktion
„Bilderkennung zum Beispiel, wird ja durch KI sehr erleichtert. Aber wenn wir uns überlegen, wir nehmen jetzt diese Kameras, zum Beispiel um Stürze zu erkennen, dann sieht es schon wieder anders aus, weil wir die täglich laufen lassen müssen. Da muss die Kamera uns quasi ja täglich beobachten und schon sind die kritischen Stimmen wieder da, die sagen: ‚Ja die Kamera will ich nicht ständig auf mich gerichtet haben.’“
In Robotern wie Temi sieht der Experte nur ein unterstützendes Werkzeug. Die wahre Stärke von KI liege in der Verarbeitung von Daten.
Valentin Schwind, Professor für Mensch-Computer-Interaktion
„Viele sagen sich so: ‚Ja ich brauche den, weil ich noch Zeit haben muss, den ganzen Papierkram auszufüllen‘. Nein, die KI sollte für den Papierkram zuständig sein und ich möchte mich um den Patienten oder die Patientin kümmern. Ich glaube, das ist das, wo die Reise hingehen sollte, wo jeder auch nochmal die Kontrolle drüber haben müsste, wofür verwendet er eigentlich die KI.“
In der Wohngruppe zumindest ist Temi ein beliebter Mitarbeiter, auch bei Chef Andreas Schneider. Er muss mit seinem Team die gleiche Anzahl an Klienten mit immer weniger Personal versorgen und freut sich über die Unterstützung.
Andreas Schneider, Wohnverbundsleiter
„Definitiv gehört der Temi zum Team. Das haben wir auch alle so empfunden. Er erleichtert uns vieles so im Alltag aber er wird uns nie ersetzen können. Also er ist ein Teil des Teams, der einfach ein bisschen was dazugibt, zu dem Ganzen was wir hier so machen.“
Und wenn das nur bedeutet, dass Temi ab und an die Stimmung auflockert.
„Temi, kannst du mir einen Witz erzählen?“
„Ja das kann ich. Was waren die letzten Worte des Turmspringers? Das Wasser ist heute aber schön klar.“