Kommentar von 17:30-Chefredakteur Philipp Stelzner

Kommentar von 17:30-Chefredakteur Philipp Stelzner

Jeder, der Bernhard Vogel einmal kennengelernt hat, wird ihn als überaus freundlichen Menschen in Erinnerung behalten. Als Vollblutpolitiker, der sich bis ins hohe Alter leidenschaftlich für aktuelle Entwicklungen interessierte. Er gab einem nie das Gefühl, einer CDU-Legende gegenüber zu stehen – obwohl er das tatsächlich war. Er war der einzige Ministerpräsident, der ein Land in West- und Ostdeutschland regierte. Er führte 23 Jahre lang Landesregierungen. Das ist bundesdeutscher Rekord. Für diese „historische Einmaligkeit“, wie es Angela Merkel einmal nannte, gibt es viele Gründe: So suchte Bernhard Vogel immer das Verbindende. Mit seinem Respekt vor den politischen Gegnern war er ein Vorbild für eine konstruktive Streitkultur. Es war mutig, dass er 1992 die schwierige Aufgabe in Thüringen übernahm, die er selbst als Abenteuer bezeichnete. Als bodenständiger Landesvater wurde er dort dann so populär, dass er mit absoluter Mehrheit regieren konnte. In Erfurt leistete er einen entscheidenden Beitrag für das Zusammenwachsen von Deutschland. Auch in seinem angeblichen politischen Ruhestand – nach der Aussöhnung mit der CDU Rheinland-Pfalz – war Vogel bei Parteitagen und vielen anderen Terminen zu sehen. Er warnte die Union vor einer Zusammenarbeit mit der AfD, riet seiner Partei aber, sich um deren Wähler zu kümmern. In der heutigen politischen Welt, die durch emotionsgeladene und unsachliche Wortgefechte, durch gebrochene Versprechen und Diffamierungen geprägt ist, würde ich mir mehr Politiker vom Schlage eines Bernhard Vogel wünschen. Politiker, die Orientierung und Sicherheit vermitteln und gleichzeitig Brücken bauen. Umso mehr werden wir Bernhard Vogel vermissen.