Klage gegen verkürzten Genesenenstatus

Wie lange ist ein Genesenenzertifikat gültig? Der Streit darum entwickelt sich gerade zum Dauerbrenner. Erst vor zwei Wochen hatte das Robert-Koch-Institut die Gültigkeit von sechs auf drei Monate verkürzt. Vor einer Woche hatte die EU dann beschlossen, das Zertifikat europaweit sechs Monate lang anzuerkennen. Deutschland will nun aber bei seinem Sonderweg bleiben. Eine Entscheidung, die massive Kritik auslöst – und gegen die jetzt die erste Klage eingereicht wurde.

Zutritt nur für Geimpfte und Genesene, das gilt zurzeit vielerorts. Doch während ein Impfzertifikat aktuell neun Monate gültig ist, – bei Geboosterten sogar unbegrenzt – wird der Nachweis über eine überstandene Corona-Infektion bereits nach drei Monaten ungültig.
Die Mainzer Juristin Jessica Hamed hält das für rechtlich nicht haltbar und hat Klage beim Verwaltungsgericht Berlin eingereicht.
Jessica Hamed, Juristin aus Mainz
„In inhaltlicher Hinsicht sind wir der Ansicht, dass es in Bezug auf den Genesenenstatus eine willkürliche Ungleichbehandlung zwischen vollständig Geimpften und Genesenen gibt.“
Auf seiner Website verweist das Robert-Koch-Institut auf wissenschaftliche Erkenntnisse, die eine solche Unterscheidung zwischen Geimpften und Genesenen rechtfertigten.
Dass der Immunschutz nach einer Infektion deutlich schlechter sein soll als nach einer Impfung, bezweifeln allerdings viele Experten wie zum Beispiel die Frankfurter Virologen Martin Stürmer und Sandra Ciesek.
Nach Jessica Hamed ist es aber schon rechtswidrig, dass das RKI überhaupt darüber bestimmt, wie lange der Genesenenstatus gültig ist. Sie meint …
Jessica Hamed, Juristin aus Mainz
„…dass diese sogenannte, ich sage jetzt mal untechnisch gesprochen, Auslagerung auf eine nachgeordnete Behörde, die ja das RKI und auch das Paul-Ehrlich-Institut sind, dass das nicht geht. Wir haben mit drei Monaten ein Alleinstellungsmerkmal, sodass sich darin schon offenbart, dass es offenbar kein Naturgesetz ist, dass das so sein muss, sondern es ist eine politische Entscheidung. Und die müssen politisch gewählte Vertreterinnen und Vertreter treffen. So einfach ist das.“
Dass das RKI und nicht der Bundestag über die Gültigkeit eines Status entscheidet, an den in Pandemiezeiten die Ausübung der Grundrechte gebunden ist, hält auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages für bedenklich.
Jessica Hamed ist überzeugt, dass das Verwaltungsgerichts diese Entscheidung des Bundesgesundheitsministers bald kassieren wird.
Das Hin und Her um den Genesenenstatus – in Frankfurt wollen wir wissen, ob es das Vertrauen in das Krisenmanagement der Politik langsam bröckeln lässt.
Norbert Seilcher, Rentner
„Ich würde schon sagen, dass ich noch das Vertrauen habe. Ich mein‘, die fischen genauso im Trüben wie alle anderen.“
Ruth Fischer, Rentnerin
„Leider sind sie sich immer uneinig. Da sagt der eine das und der andere sagt jenes. Da sollte die Politik Einigkeit zeigen.“
Doch schon jetzt hat Bayern angekündigt, das Thema Genesenenstatus noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und schließt einen Alleingang nicht aus. Und auch die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts wird dem Streit wohl noch einmal eine ganz neue Wendung geben.