Keine Strafanzeigen für Schwarzfahrer in Wiesbaden mehr?
Gerade nochmal so den Bus bekommen – wer jetzt noch keinen Fahrschein gezogen hat, dem droht eine Geldbuße. Außerdem begeht er eine Straftat. Wenn dann der Verkehrsbetrieb einen Strafantrag stellt, kann bei mehrfachen Schwarzfahren eine Gefängnisstrafe dazu kommen. Doch das soll in Wiesbaden künftig anders sein. Das Stadtparlament will das Schwarzfahren entkriminalisieren. Ab jetzt soll es heißen: Geldbuße ja, Gerichtsprozess und möglicherweise Gefängnis nein. Was halten die Wiesbadener davon?
Daniel Rübsamen: „Nicht viel, wenn jeder schwarz fahren würde, dann hätte das keine Konsequenzen mehr für die Leute, dass muss auch alles bezahlt werden. Die Unternehmen sind teuer, die Busse sind teuer, die ganze Bewirtschaftung ist teuer.“
Gabriele Roth: „In Bezug auf eine Geldbuße und die sollte dann schon ordentlich sein, aber beispielsweise Gefängnisstrafe für ein solches Delikt finde ich dann nicht in Ordnung.“
Kouchi: „Ich bin überhaupt nicht damit einverstanden, weil eigentlich soll jeder gleich behandelt werden. Wenn jemand etwas kauft, muss der andere auch etwas kaufen, beispielsweise ein Ticket.“
Ebenfalls nicht einverstanden mit dem Beschluss ist Wiesbadens kommunaler Verkehrsbetrieb ESWE – Stadt-Parlamentsmehrheit hin oder her.
ESWE Verkehrsgesellschaft Wiesbaden: „Den Beschluss der Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung nehmen wir mit Bedauern zur Kenntnis. Noch ist keine Weisung erfolgt, aber ESWE Verkehr sieht einer möglichen Umsetzung mit Sorge entgegen. Es droht die Gefahr, dass mehr Fahrgäste als bislang sich den Kauf von Fahrkarten ersparen, was in Einnahmeverlusten münden kann.“
Die Stadt argumentiert ebenfalls mit Geld: So seien viele Schwarzfahrer arbeitslos. Sie könnten sich die 60 Euro Geldbuße nicht leisten. Am Ende müssten sie als Ersatzstrafe ins Gefängnis. Das koste den Steuerzahler eine Menge Geld. Von einer Entkriminalisierung würde also auch die Justiz profitieren. Sie müsste dann keine Prozesse gegen Schwarzfahrer mehr bearbeiten.
Andreas Kowol, (Bündnis90/Die Grünen), Verkehrsdezernent Wiesbaden: „Und die Frage ist ja in der Tat, muss dann über eine Anzeige dieses Geld eingetrieben werden, muss das als Strafe wirklich vor Gericht landen oder ist nicht mit dem erhöhten Beförderungsentgelt, das ja bei jeder Schwarzfahrt fällig wird, eigentlich die Sache gut geregelt
Ein Argument, dass die Opposition im Rathaus nicht akzeptiert.
Dr. Bernd Wittkowski (CDU), Stadtverordneter: “Zum einen sind wenige Verfahren bezüglich Schwarzfahrer, die wirklich vor Gericht landen, geschweige denn dass Gefängnisstrafen ausgesprochen werden – das passiert vielleicht wenn man 15, 20 mal schwarz gefahren ist – und zudem mit dem Argument müsste man dann sagen, Ladendiebstähle werden nicht mehr verfolgt, dass entlastet die Justiz.“
Doch der Wiesbadener Verkehrsdezernent Andreas Kowol stellt klar: Die Entkriminalisierung kommt – voraussichtlich in den nächsten Wochen. Es werde aber ab sofort verstärkte Kontrollen im Öffentlichen Nahverkehr geben, auch mit der Stadtpolizei.
Besser also, wenn man vor Fahrt einfach nochmal Zeit am Automaten verbringt.