Justizminister gibt Regierungserklärung ab

Aktenstapel wie diese hier sind in Büros von Richtern und Staatsanwälten in Hessen und Rheinland-Pfalz keine Seltenheit. Hinter jedem Fall steckt eine Geschichte, eine Anklage und eine Entscheidung, die sorgfältig abgewogen werden muss. Doch in letzter Zeit ist die Justiz so überlastet, dass ein normaler Gerichtsbetrieb nicht mehr gewährleistet scheint. In Hessen soll sich das nun ändern.

Es ist ein Fall, der die Justiz in Hessen erschüttert. Vor einem halben Jahr mussten sechs mutmaßliche Schwerverbrecher nach teilweise über einem Jahr Untersuchungshaft wieder freigelassen werden. Ihnen wird versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Grund: Das Landgericht Frankfurt schaffte es nicht den Beschuldigten den Prozess zu machen.
Ein Fall der zeigt, wie überlastet die Justiz in Hessen ist. Seit Jahren klagen Gerichte über immer komplexere Verfahren und zu wenig Personal.
Er möchte das verändern: Roman Poseck, hessischer Justizminister und ehemaliger Gerichtspräsident. So sollen in den nächsten zwei Jahren in der hessischen Justiz 500 zusätzliche Stellen geschaffen werden. Im Landeshaushalt für 2023 und 2024 sind allein 100 Stellen für neue Richter und Staatsanwälte vorgesehen.
Roman Poseck, CDU, Justizminister Hessen
„Diese Rückendeckung braucht unsere Justiz, erst recht in Zeiten, in denen Teile der Gesellschaft Parallelwelten aufbauen und die Legitimation von Recht und Rechtsprechung in Frage stellen.“
Die hessische Landesregierung will die neuen Stellen auch möglichst schnell besetzen. So müssen Studierende im Examen nur noch 15 statt 16 Punkte erreichen, um bei der hessischen Justiz arbeiten zu können. Außerdem soll die Gehälter für Richter und Staatsanwälte steigen.
Roman Poseck, CDU, Justizminister Hessen
„Das heißt, dass mehr als 60% der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Hessen davon profitieren werden. Das ist auch im Ländervergleich eine einmalige Verbesserung in der Besoldungsstruktur für Richter und Staatsanwälte.“
Der hessische Richterbund begrüßt die Pläne der Landesregierung. Die neuen Stellen würden die Justiz in Hessen deutlich entlasten, so können Verfahren schneller und besser abgearbeitet werden. Jedoch gäbe es noch weitere Baustellen in der hessischen Justiz.
Christine Schröder, Pressesprecherin Richterbund Hessen
„Aus unserer Sicht ist es ganz wichtig, dass die E-Akte vorangetrieben wird und die Digitalisierung voranschreitet. Da ist Hessen im Vergleich zu den anderen Bundesländern im Hintertreffen. Und weiter ist es aus unserer Sicht wünschenswert, dass die Besoldung auch rückwirkend verfassungsgemäß angepasst, also erhöht wird und zwar für alle Berufsgruppen.“
In seiner Regierungserklärung stellt Justizminister Roman Poseck klar, dass auch die elektronische Akte in den nächsten Jahren Priorität hat. Die SPD-Opposition kritisiert in der Debatte, dass die Probleme in der Justiz vor allem von der CDU selbst gemacht seien. Seit Jahren seien Stellen abgebaut worden. Das neue Programm reiche nicht aus, um das auszugleichen.
Gerald Kummer, SPD, Landtagsabgeordneter Hessen
„Weil wir müssen doch eins feststellen: Es müssen in der hessischen Justiz die Stellen geschaffen werden, die nötig sind, um die Aufgaben ordentlich in der hessischen Justiz zu erledigen. Im Interesse unseres Staates und der Menschen, die in diesem Staat leben. Und dafür reichen 477 Stellen nicht.“
Eher würden 1.500 neue Stellen die Justiz entlasten. Wie viele Stellen in der hessischen Justiz wirklich fehlen, ist umstritten. Der Pakt für den Rechtsstaat dürfte wohl nur ein erster Schritt sein, um Aktenstapel wie diesen bald zu verkleinern.