Interview zum Gasnotstand mit Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt

Vor fünf Monaten hat Russland einen Krieg gegen die Ukraine begonnen. Es folgten Sanktionen und Gegensanktionen. Die Folge: Deutschland und andere europäische Staaten erhalten von Russland immer weniger Erdgas. Heute Morgen hat die russische Gazprom die Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 auf 20 % der Kapazität reduziert. Die Energieminister der Europäischen Union haben deshalb einen Notfallplan beschlossen. Danach sollen die EU-Staaten ihren Gasverbrauch um 15 % senken. Aber viele Privathaushalte und Unternehmen wie die BASF in Ludwigshafen fürchten, dass Russland das Gas ganz abstellen könnte. Die Folge könnten Produktionsausfälle und kalte Wohnungen sein.

Markus Appelmann, Moderator: Darüber wollen wir jetzt mit der rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt sprechen. Guten Abend.
Daniela Schmitt, FDP, Wirtschaftsministerin Rheinland-Pfalz: Schönen guten Abend, Herr Appelmann.
Appelmann: Viele Unternehmen befürchten, dass sie bald nicht mehr genug Erdgas bekommen. Was sagen Sie denen?
Schmitt: Wir sind von Beginn an dieses brutalen Angriffskrieges Putins auf die Ukraine im ganz engmaschigen Dialog mit den betroffenen Unternehmen, aber auch den Kammern und Verbänden. Wir haben eine Spitzenrunde der Energiesicherheit der rheinland falschen Wirtschaft eingerichtet. Wir tagen ganz regelmäßig, und mir ist es wichtig, im Dialog zu schauen, was sind die Herausforderungen und vor allen Dingen: Wie gehen wir damit um? Denn die rheinland pfälzische Wirtschaft ist sehr energieintensiv und deswegen geht es gemeinsam darum, durch diese schwere Zeit zu kommen.
Appelmann: Letzte Woche gab es einen Energiegipfel in der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei. 15 Prozent Gas will das Land einsparen. Was tun Land und Kommunen dafür?
Schmitt: Wir haben uns darauf verständigt, als Landesregierung mit den Ministerien und den nachgelagerten Behörden, aber eben auch gemeinsam mit den Kommunen zu schauen, wo können wir Gas einsparen, wo können wir aber auch Strom einsparen. Und deswegen haben wir mit ganz konkreten Maßnahmen beispielsweise der Raumtemperatur, aber auch der Beleuchtung, der Wasserversorgung, konkrete Maßnahmen vereinbart und werden die jetzt auch direkt umsetzen.
Appelmann: Die Freien Wähler haben sich heute beschwert, dass auf dem Energiegipfel überhaupt nicht „Heizen mit Holz“ thematisiert wurde. Wir sind schließlich ein Bundesland mit ganz viel Wald. Warum haben Sie über diese Alternative bisher fast gar nicht gesprochen?
Schmitt: Das Thema „Heizen mit Holz“ wurde auch am Rande des Energiegipfels besprochen. Meine zuständige Kollegin Katrin Eder hat auch dazu noch mal Ausführungen gemacht, aber man muss auch schauen, was ist auch hier ganz kurzfristig umzusetzen, was ist anzuwenden, denn man darf es sich auch nicht ganz einfach vorstellen, dass man das Holz aus dem Wald holt und direkt in den Ofen steckt, sondern es braucht auch Trocknungsprozesse, es braucht auch verfügbare Mengen beispielsweise, und diese Themen werden im Umwelt Ministerium auch engmaschig begleitet.
Appelmann: Wenn das Gas knapp wird, bekommen zuerst private Haushalte Gas und dann erst die Industrie. Dies stellt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Frage. Unternehmen könnten Vorrang bekommen. Wäre das in Ihrem Sinne?
Schmitt: Zunächst mal hat Klaus Müller, der Präsident der Bundesnetzagentur, letzte Woche – wir waren im Gespräch zusammen – noch mal klargestellt, dass an dieser europäischen Rechtsform zunächst keine Veränderungen vorgenommen werden. Es ist eine europäische Rechtsregelung und die ist zunächst so, wie sie ist. Aber als Wirtschaftsministerin habe ich natürlich die Zukunftsfähigkeit des Wirtschafts- und Industriestandortes Rheinland-Pfalz im Blick und da geht es um den Erhalt von Tausenden von Arbeitsplätzen, von Ausbildungsplätzen. Und deswegen müssen wir alle Unterstützung mobilisieren, dass wir die Unternehmen durch diese schwere Zeit auch begleiten.
Appelmann: Noch einmal nachgefragt: Unterstützen Sie den Vorstoß des Bundeswirtschaftsministers, dass Unternehmen zuerst das Gas bekommen?
Schmitt: Es ist wichtig für die Unternehmen, die doch das Rückgrat auch unserer Wirtschaft, unseres Standortes sind, so zu unterstützen, dass wir möglichst viele Arbeits- und Ausbildungsplätze erhalten können, dass wir auch zukünftig ein starker Wirtschafts- und Industriestandort sein werden. Denn am Schluss hängt auch an der Wirtschaftskraft auch ein Stückweit der Wohlstand der Regionen und natürlich auch die einzelne Handlungsfähigkeit der Bürgerinnen und Bürger. Und deswegen müssen wir alles machen, dass wir die Arbeitsplätze auch hier erhalten.
Appelmann: … sagt die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt. Danke schön.