Interview mit Verbraucherschützer Hans Weinreuter über gestiegene Energiepreise

Wann droht der große Preisschock? Darüber spricht Maike Dickhaus mit Hans Weinreuter, dem Energieexperten der Verbraucherzentrale in Mainz.

Maike Dickhaus, Moderatorin: Herr Weinreuter, Einschätzungen besagen die Energiepreise könnten sich verdoppeln oder gar verdreifachen. Wie teuer wird es jetzt für die Verbraucher und wie schnell dreht sich die Preisspirale nach oben?
Hans Weinreuter, Energieexperte Verbraucherzentrale Mainz: Wie teuer es letztendlich wird, ist ganz schwer vorhersagbar. Aber der entscheidende Punkt in der nächsten Zeit wird sein, ob die Bundesnetzagentur die Gasmangellage ausruft. Weil das bedeutet dann, dass die Energieversorger in kurzer Zeit die auf dem Beschaffungsmarkt deutlich gestiegenen Kosten direkt weiter durchreichen können. Und das wird auf jeden Fall noch einen Preisschub bringen. Damit steht und fällt im Moment die Preisentwicklung für die Privatkunden in den nächsten Wochen und Monaten
Dickhaus: Was kann man sich da vorstellen – von was für einer Preissteigerung reden wir da für Privathaushalte?
Weinreuter: Na ja, wir haben im Moment ein Preisniveau beim Gas von etwa, wenn man jetzt neu abschließt, von etwa 15 Cent je Kilowattstunde. Das ist schon mal dreimal so viel, als wir vor Coronazeiten zum Beispiel hatten, da lagen wir irgendwo bei fünf Cent pro Kilowattstunde. Und wie viel teurer es noch wird … Es gibt Experten, die schließen nicht aus, dass wir noch mal eine Verdoppelung bekommen. Und dann sind wir beim Gas in der Größenordnung des Strompreises. Hätte sich vor Jahren niemand vorstellen können. Und das bedeutet im Einzelfall vor allen Dingen eine kritische Situation, wenn die Jahresrechnungen kommen. Da drohen hohe Nachzahlungen, und da wird es eine Menge Haushalte geben, die sich das nicht leisten werden können.
Dickhaus: Sie sagen es; was kann ich tun, wenn die Abrechnung ins Haus flattert und ich mir die Nachzahlung eben nicht leisten kann?
Weinreuter: Gehen wir vielleicht noch einen Schritt zurück. Aktuell raten wir auf jeden Fall allen Leuten, die mit Gas heizen, aber auch generell beim Thema Heizung, Rücklagen zu bilden. Das heißt, aufwendiger wäre es, mit dem Gasversorger zu reden und die Abschlagszahlungen nach oben anzupassen. Einfacher ist es, einfach im Moment das, was man monatlich an Abschlagszahlung für Heizenergie zahlt, den gleichen Betrag noch mal beiseitelegen bei sich auf dem Sparkonto, damit man ein Stück weit vorbereitet ist auf die drohende Nachzahlung, die dann mit Erhalt der Schlussrechnung kommt. Wenn dann die Schlussrechnung da ist und die Leute das wirklich nicht leisten können, dann haben diese Haushalte ein massives Problem, weil es droht die Versorgungssperre dann. Und deswegen verlangen wir unbedingt von der Politik ein Modell zu entwickeln, dass diese Versorgungssperren verhindert werden in solchen Situationen, weil sonst haben wir wirklich soziale Probleme in der nächsten Heizperiode bisher nicht bekannten Ausmaßes.
Dickhaus: Zum einen ist also Geld sparen angesagt – zum anderen auch Energie sparen. Was kann ich denn als Verbraucher machen, damit es erst gar nicht so teuer wird?
Weinreuter: Also beim Nutzerverhalten können alle sparen, sowohl die Immobilienbesitzer als auch die Mieter. Die teilen sich ja in Deutschland so 50:50 auf zahlenmäßig. Das heißt, wir können die Raumtemperatur beeinflussen, und da ist es eben so, dass jedes Grad weniger etwa 6% einspart. Das können alle machen. Wir können mit den Thermostatventilen bewusster umgehen und auch runterdrehen, wenn wir nicht zu Hause sind. Das kann man auch mit programmierbaren Thermostatventilen komfortabel einstellen. Wir können beim Warmwasser gucken, wie sind die Duschzeiten? Haben wir einen Sparduschkopf? Das sind so einfache Dinge, die alle machen können. Und alles darüber hinaus geht dann in die investiven Maßnahmen. Und da sind natürlich die Hausbesitzer in erster Linie gefragt. Wenn wir über Wärmedämmung oder Heizungserneuerung reden.
Dickhaus: Die Einschätzung von Hans Weinreuter, Energieexperte der Verbraucher-zentrale in Mainz. Vielen Dank fürs Gespräch!
Weinreuter: Sehr gerne.