Interview mit dem medizinischen Leiter von Bioscientia über die Corona-Variante BA. 5

Wegen der Corona-Pandemie hat heute der Experten-Rat der Bundesregierung in Berlin seine Handlungs-Empfehlungen für den Herbst vorgestellt. Dabei stellte er klar, dass noch niemand seriös sagen könne, wie sich die Pandemie im Herbst entwickeln werde. In jedem Fall blieben vor allem Hygiene-Maßnahmen und Impfungen wirksam. Die Experten empfehlen zudem, etwaige Maßnahmen frühzeitig zu beschließen und sie einheitlich und leicht verständlich zu kommunizieren. Denn die Corona-Pandemie ist noch nicht durchgestanden. Vielmehr ist ein neuer Subtyp der Omikron-Variante auf dem Vormarsch.

Bei immer mehr Corona-Tests, die in medizinischen Laboren, wie hier bei Bioscientia in Ingelheim ausgewertet werden, lässt sich BA.5 nachweisen. Und darüber sprechen wir mit dem medizinischen Leiter von Bioscientia in Ingelheim.
Eva Dieterle, Moderatorin: „Dr. Oliver Harzer, schönen guten Abend.“
Dr. Oliver Harzer, Medizinischer Leiter Bioscientica Ingelheim: „Guten Abend, Frau Dieterle.“
Eva Dieterle: „Wie ist die Lage bei Ihnen? Wie häufig stoßen sie auf BA.5?“
Dr. Oliver Harzer: „Virus-Variante BA.4, BA.4 übernimmt hier in Rheinland Pfalz und Hessen im Moment ein bisschen stärker sogar als im Bundesgebiet, so zumindest mal nach dem, was wir an hier Sequenzier-Daten haben, tatsächlich die Führung. Also wir sehen jetzt schon so zwischen 5 und 8 Prozent Anteil bei den Neu-Infizierten, bei den Neu-Infektionen.“
Eva Dieterle: „Was wissen wir über den neuen Subtyp BA5, der – wie Sie sagen – bald dominant sein wird?“
Dr. Oliver Harzer: „Ja, es ist einfach eine weitere Variante aus dieser Omikron-Familie und das Virus steht ja  auch durch die Impfungen und durch die Infizierten, die auch schon Immunsystem haben, auch unter Immun-Druck sozusagen. Und das ist eine weitere Escape-Variante sozusagen. Also der Versuch dem Immunsystem auszuweichen und sich eben auch wieder weiter vermehren zu können. Und ja, es ist einfach eine offensichtlich wieder erfolgreiche Variante, die eine Re-Infektion ermöglicht und auch bei Geimpften eben eine Infektion ermöglicht. So wie es im Moment aussieht verhält sich ähnlich wie BA.2, also ohne wirklich sehr schwere klinische Verläufe, wie wir das bei Delta gesehen haben. Aber da muss man jetzt einfach noch mal gucken, wie sich das tatsächlich dann abbildet, wenn wir noch größere Infektionen zahlen, dann auch sehen dazu.“
Eva Dieterle: „Wir sind in einer Phase der Pandemie, in der sich immer weniger Leute regelmäßig testen. Wie sehr erschwert das die genaue Einschätzung der Lage? Gehen Sie von einer hohen Dunkelziffer an positiven Fällen aus?“
Dr. Oliver Harzer: Ja, da machen Sie einen guten Punkt. Wir kriegen einfach auch durch die Veränderungen der gesamten Gesetzeslage, der Testlage insgesamt deutlich weniger Aufträge. Wir  haben etwa nur noch 10% von dem was wir so vor zwei Monaten noch getestet haben an Auftragszahlen. Aber unter den Proben, die wir halt bekommen, haben wir knapp 40 bis 50 Prozent. Also letzte vorletzte Woche waren es noch über 50%, diese Woche sind es knapp 40% Positivrate, also bei den PCR-Tests. Und von daher muss man einfach davon ausgehen, dass natürlich auch viele Menschen das weiter übertragen und wir eine sehr hohe Dunkelziffer haben.
Eva Dieterle: Bioscientia hat in der Hochzeit der Testungen richtig teure Geräte angeschafft, jetzt ist es gerade sehr viel ruhiger. Im Herbst kann es aber wieder ansteigen. Wie managen Sie das?“
Dr. Oliver Harzer: „Es ist natürlich jetzt so, also ich habe es eben gesagt, wir haben nur noch 10% der Aufträge in etwa von dem was wir vor zwei Monaten hatten. Geräte zu halten ist eine Sache, die zu kaufen war sehr teuer. Das zweite Thema ist aber, wir brauchen ja Menschen, die die Tests machen. Also  wir haben auch einen sehr hohen Personalaufwand bei der ganzen Geschichte. Und die Kolleginnen und Kollegen, die kriegen jetzt natürlich auch mit, dass da deutlich weniger zu tun ist. Nur ist es so, wir machen natürlich ja zum Glück auch ganz viele andere Sachen im Labor, aber wir haben natürlich für  diesen deutlichen Mehraufwand für Corona auch sehr viel mehr Menschen eingestellt und der eine oder andere, die eine oder andere machen sich dann natürlich auch Gedanken darüber, ist das für mich jetzt ein sicherer Job, wenn das Corona nicht mehr da ist? Und jetzt ist der Markt ja hier auch durch Krankenhäuser durch hier bei uns um die Ecke gleich noch Biotech sehr eng und dann, wenn die Leute dann einen anderen Job kriegen können, dann gehen die auch weg. Also das ist für uns schon auch ein Thema. Wir haben also Blech hier stehen und Infrastruktur,Blech und Plastik – aber am Ende brauchen sie halt auch Menschen, die die Tests nachher auch durchführen. Und wir hoffen, dass wir die überzeugen können, bei uns zu bleiben, weil es kann natürlich durchaus sein, dass wir da im Herbst noch mal wieder einen deutlichen Anstieg kriegen.“
Eva Dieterle: „Herr Doktor Harzer, vielen Dank für Ihre Einschätzungen.“
Dr. Oliver Harzer: „Einen schönen Abend, danke. Tschüss.“