Intensivstationen an der Belastungsgrenze

 Die Lage wird dramatischer –  das lässt sich vor allem an den Krankenhäusern zeigen. Die werden voller und voller. Aber: Wie dramatisch ist die Lage auf den Intensivstationen wirklich? Das haben wir uns heute vor Ort im Darmstädter Klinikum angeschaut. Und vor allem wollten wir wissen, wie viele Geimpfte und wie viele Ungeimpfte derzeit auf der Intensivstation liegen. Wie wirksam ist die Impfung?

So klingt der Kampf gegen Covid 19 – wenn nur noch ein Beatmungsgerät einen Patienten am Leben erhält.
Hier auf der Station 18 im Klinikum Darmstadt kämpfen gerade neun Patienten gegen die Krankheit – und Oberärztin Lisa Vogt mit ihrem Team um das Leben der Patienten.
Lisa Vogt, Oberärztin
„Wenn man Intensivmediziner ist, weiß man, dass man eh nicht jeden Kampf gewinnen kann, das ist so. Und wir versuchen mit den Patienten zu kämpfen und mit den Angehörigen, die wegen der Covid-Erkrankungen gar nicht so am Bett sein können, wie wir das gerne hätten und versuchen, dass da alle mit dabei sein. … Ja es ist viel Trauriges, was wir sehen.“
Dieser Patient wurde gestern Abend aus einer anderen Klinik auf die Station verlegt. Ansprechbar ist er nicht mehr – so wie die meisten Patienten hier. Einer ist an eine Lungenmaschine angeschlossen: Ein Schlauch in seinem Bein führt sein Blut zur Maschine. Die reichert das Blut mit Sauerstoff an und führt es über eine Vene wieder in den Körper des Patienten zurück.
Viele von ihnen müssten gar nicht hier sein, da ist sich Lisa Vogt sicher.
Lisa Vogt, Oberärztin
„Bei uns ist es so wie in ganz Deutschland derselbe Schnitt, dass wir zu 90% Nicht-Geimpfte haben. Die, die geimpft sind und hier liegen, haben meisten Immunsupression wegen Medikamenten oder anderen Vorerkrankungen.“
Die Lage könnte also eine andere sein. Und dennoch: Negative Gefühle, oder gar Hass auf Ungeimpfte – davon ist hier nichts zu spüren.
Nicole Löb, Pflegefachkraft
„ Wir begegnen auch den Ungeimpften Personen, die auf unsere Station kommen mit höchster Professionalität. Es ist unser Beruf, es ist unser Versorgungsauftrag, auch für diese Menschen eben eine gute medizinische Versorgung zu gewährleisten und so auch die Intensivpflege.“
Zurzeit ist mehr als die Hälfte der Intensivbetten mit Covid-Kranken belegt, die anderen Betten mit anderen Intensivpatienten. Mehr Betten auf der Covid-Station seien zwar möglich – aber dazu sei auch mehr Personal nötig.
Ärzte und Pfleger haben aus den ersten drei Corona-Wellen viel gelernt: Bis Juli dieses Jahres ist fast ein Drittel der Intensivpatienten gestorben – inzwischen sind es deutlich weniger. Bislang hat die vierte Welle der Pandemie die Intensivstationen noch nicht überlastet.
Martin Welte, Klinikdirektor
„Auf der anderen Seite haben wir in Deutschland nach meinem Kenntnisstand ungefähr 14 Millionen nichtgeimpfte Mitbürger und Mitbürgerinnen und dieses Reservoir ist bei einem hochaggressiven Virus wie der Delta-Variante sicherlich groß genug, dass es dazu führen kann, dass unsere Intensivstationen in wenigen Wochen überlastet sein werden.“
Dann müssen vielleicht wieder Patienten in andere Städte verlegt werden. Eine Impfpflicht, so der Klinikdirektor, würde zwar helfen – aber erst in der fünften Welle.