Innenministerium wegen Flutvideos unter Druck

Die Flutnacht des 14. Juli 2021, sie war ohne Frage eine der größten Katastrophen in die Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz. Bisher hatte die Landesregierung erklärt, in der Flutnacht selbst habe man nicht überblicken können, welches Ausmaß die Katastrophe habe. Im Untersuchungsausschuss des Landtags, der sich mit der Flut befasst, sind jetzt aber sieben Videoaufnahmen aus der Nacht aufgetaucht, die die dramatische Lage unmissverständlich zeigen sollen.

Videos, die Menschen in großer Not zeigen – in meterhohem Wasser mit reißender Fließgeschwindigkeit. Die Aufnahmen, die ein Polizeihubschrauber in der Flutnacht aufgezeichnet hat, sollen so deutlich sein, dass sie aus Schutz der Persönlichkeitsrechte nicht öffentlich gezeigt werden.
Obwohl die Videos schon seit über einem Jahr auf einer Liste mit möglichen Beweismitteln für den Untersuchungsausschuss im rheinland-pfälzischen Landtag stehen, wurden sie dort erstmals am vergangenen Freitag gezeigt.
Denn wegen der gewaltigen Menge an Dokumenten und Daten hatte man sich darauf geeinigt, dass die Landesregierung dem Untersuchungsausschuss von dieser Liste zunächst nur die wesentlichen Daten übermittelt, erklärt Stephan Wefelscheid. Die Videos waren nicht dabei.
Stephan Wefelscheid, Freie Wähler, Mitglied im Untersuchungsausschuss Flut
„Mittlerweile wissen wir, das war eine totale Fehleinschätzung der Landesregierung, weil ich würde diese Videos schon als sehr wesentlich erachten. Und ich gehe noch einen Schritt weiter: Hätten wir zu Beginn der Untersuchung diese Videos gesichtet, dann wäre sicherlich die letzten zehn Monate Untersuchungszeitraum auch anders verlaufen, weil wir dann ganz andere Fragen gestellt hätten und hätten auch die Zeugenvernehmung ganz anders strukturiert.“
CDU und AfD fordern Innenminister Roger Lewentz auf, sofort zurückzutreten.
Das Innenministerium erklärt, es habe erst Ende August 2022 von den Videoaufzeichnungen der Polizei erfahren. Roger Lewentz selbst hat ausgesagt, die Videos im Untersuchungsausschuss am vergangenen Freitag zum ersten Mal gesehen zu haben.
Aufgrund technischer Probleme hätten die Videos in der Nacht nicht live übermittelt werden können. Weiter teilt das Innenministerium mit:
„Nach aktuellem Stand geht insbesondere das Polizeipräsidium Koblenz davon aus, dass im Polizeipräsidium Koblenz entschieden wurde, dass die Videodaten am Morgen keinen entscheidenden Beitrag mehr zur Lagebewältigung / -einschätzung leisten konnten.“
Die AfD wirft Roger Lewentz vor, er habe sich nicht selbst einen Überblick über die Lage verschafft und selbst die Einsatzleitung übernommen.
Michael Frisch, AfD, Mitglied im Untersuchungsausschuss Flut
„Im Übrigen gab es ja auch mündliche Nachrichten aus dem Hubschrauber heraus an das Innenministerium. Der Mitarbeiter hat gesagt, er stand im Kontakt mit dem Piloten. Und da stellt sich die Frage, warum dann diese dramatischen Nachrichten zumindest nicht verbal über die Eindrücke der Hubschrauberbesatzung an den Innenminister kommuniziert worden sind.“
Auch der ermittelnden Staatsanwaltschaft Koblenz haben die Aufnahmen des Polizeihubschraubers bislang nicht vorgelegen. Warum sie nicht übermittelt wurden, müsse nun dringend geklärt werden, so die Staatsanwaltschaft. Sie prüft jetzt, ob sie ihre Ermittlungen ausweitet.
Warum die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft in Koblenz nicht geklappt hat, können auch die Freien Wähler nicht nachvollziehen. Nächste Woche wollen sie den Fall im Rechtsausschuss des Landtags thematisieren.