Innenminister Michael Ebling zu Gast im Studio

Seit genau einer Woche ist er nun der Neue an der Spitze des rheinland-pfälzischen Innenministeriums: Michael Ebling. Der ehemalige Oberbürgermeister von Mainz folgt auf Roger Lewentz, der aufgrund seiner Versäumnisse beim Ahrtal-Flutmanagement zurückgetreten ist. Er ist Gast im Studio, doch vorher stellen wir Ihnen Michael Ebling nochmal genauer vor.

Michael Ebling, 55 Jahre alt, SPD-Mitglied und plötzlich Minister. Als Kommunalpolitiker hat sich der gebürtige Mainzer hochgearbeitet, wurde erst Sozialdezernent der Stadt, 2012 dann Oberbürgermeister von Mainz.
Und eigentlich saß Ebling auch fest im Mainzer Sattel. „Nah bei de Leit“, keine Skandale und dank des Booms von BioNTech konnte das Stadtoberhaupt plötzlich auch noch mit einem Milliardenüberschuss aufwarten. Eine komfortable Ausgangssituation fürs Regieren.
Doch dann der Paukenschlag. Nach wochenlanger Kritik an Innenminister Roger Lewentz, er habe Beweismaterial zur Ahrtal-Flut vertuscht, tritt dieser zurück. Ein herber Schlag für Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Doch nur einen Tag später holt sie überraschend Stadtchef Michael Ebling an Bord des Regierungsschiffs. Den beiden wird ein enges Vertrauensverhältnis nachgesagt.
Als neuer Innenminister muss Ebling aber vor allem verloren gegangenes Vertrauen der Bürger wieder herstellen. Vertrauen darauf, dass die Regierung den Wiederaufbau im Ahrtal konsequent vorantreibt.
Eblings erste Amtshandlung ist deshalb eine Reise ins Ahrtal. Dort will sich der Minister einen Überblick über die Lage verschaffen.
Doch schon während dieser Reise dürfte der Minister erfahren haben, dass seine Augen und Ohren überall gleichzeitig sein müssen. In Ludwigshafen greift ein Somalier mehrere Personen mit einem Messer an. Zwei Menschen sterben bei der Attacke. Und Michael Ebling muss sofort reagieren, die Bevölkerung beruhigen, deeskalieren.
Es sind große Aufgaben für den neuen Innenminister. Ein Aufstieg in schwierigen Zeiten.

Markus Appelmann, Moderator: Und jetzt ist er bei uns im Studio. Guten Abend an den neuen Innenminister von Rheinland-Pfalz, Michael Ebling.
Michael Ebling, SPD, Innenminister Rheinland-Pfalz: Guten Abend.
Appelmann: Herr Ebling, wie kam es eigentlich dazu? Hat Sie Malu Dreyer, die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, angerufen und gesagt: “Michael, ich brauche dich aber ganz schnell?”.
Ebling: Also, das mit dem Anruf ist natürlich die normale Kontaktaufnahme und so war das auch. Ein bisschen Zeit zum Überlegen hat man für eine solche Entscheidung schon, aber es ist mehr eine Frage von Stunden gewesen denn von Tagen.
Appelmann: Okay, denn am nächsten Tag wurden Sie ja dann quasi schon präsentiert. Sie wissen, die 100 Tage Frist gilt für Sie nicht. Sie waren ja auch schon im Ahrtal. Die größte Baustelle Deutschlands ist auch Ihre größte Baustelle. Und die Menschen vor Ort haben gesagt, vor allem die Antragsstellung in Sachen Wiederaufbau-Fonds, das muss verlängert werden. Können Sie den Menschen da schon was zusagen?
Ebling: Ich habe als erstes mal mit denen gesprochen, die vor Ort die Verantwortung tragen, denn es ist ein Stück deren Verantwortung, jetzt diesen Wiederaufbau zu gestalten, die Menschen dabei mitzunehmen. Aber wir als Land und auch ich ganz persönlich will natürlich die kommunale Ebene dabei maximal unterstützen, maximal auch stärken. Da spielt eine große Rolle, dass der Bund für diesen Wiederaufbau-Fonds eine sehr enge Frist gesetzt hat.
Es würde auslaufen zum 30.06.23. Das ist angesichts der Fülle der Anträge eine viel zu enge Frist, auch aus Sicht von mir, aus Sicht der Landesregierung. Ja, wir werden uns dafür einsetzen, dass der Bund diese Frist verändert, mit aller Kraft und allen Möglichkeiten, die wir dafür haben.
Appelmann: Sie haben diese Woche die Bürgermeister vor Ort getroffen, auch die Landrätin des Kreises, Cornelia Weigand. Und die hat uns im Interview gesagt: “Ich erwarte neue Impulse von Michael Ebling”. Jetzt können wir Sie ja direkt mal im Interview fragen. Welcher neue Impuls wird von Ihnen ausgehen?
Ebling: Es geht im Wesentlichen dabei, dass wir auch jetzt mal nach vorne schauen. Wir müssen, glaube ich, ein unglaubliches Ereignis in den Köpfen nach wie vor verarbeiten. Es ist sehr berührend, sehr bewegend auch für mich gewesen, noch einmal vor Ort dort zu stehen, manchmal an Stellen zu stehen, wo vorher noch Häuser waren, Menschen gelebt haben, und dann letztendlich durch diese Katastrophe auch zu Tode gekommen sind.
Es ist aber auch gleichzeitig sehr bewegend zu sehen, was schon umgesetzt wurde, dass wenn man durch Bad Neuenahr-Ahrweiler geht, man – im positiven Sinne – sehr viele Baustellen sieht, wieder die ersten Häuser hergerichtet sind, wieder Lebensmut zurückkommt. Und ich glaube, wir müssen beides unglaublich auch bestärken mit dem Blick nach vorne. Es braucht auch die Hoffnung, dass die viele, viele Anstrengung sich lohnen wird.
Aber es braucht auch den Realismus zu sagen, es wird auch noch viele Jahre dauern. Und den Prozess zu begleiten, ist mir wichtig. Und dabei immer mit den kommunal Verantwortlichen darauf zu achten, an welchen Stellschrauben können wir noch drehen, um zum Beispiel Antragsverfahren schneller zu machen oder auch mal effektiver zu werden? Das wird ein ständiger Prozess sein.
Appelmann: Es sind vor kurzem Videoaufnahmen aus einem Polizeihubschrauber aus der Flutnacht aufgetaucht und der zurückgetretene Innenminister Roger Lewentz hat immer wieder beteuert: “Ich habe die Aufnahmen auch gerade eben erst gesehen”. Das heißt doch aber, dass der Kontakt zwischen Polizei und Innenministerium nicht so richtig rund läuft. Ist das auch Ihre Aufgabe, die Strukturen jetzt neu zu ordnen?
Ebling: Meine Aufgabe ist es, in erster Linie auch, die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses zu unterstützen. Das ist die parlamentarische Aufgabe, die sich der Landtag Rheinland-Pfalz gesetzt hat und wir haben alles daran zu tun, dass die Regierung diese Aufklärung unterstützt, das heißt auch die Informationen zur Verfügung stellt. Dieser Untersuchungsausschuss hat jetzt neue Beschlüsse gefasst, indem er beschreibt, was er noch neu beiziehen will an Materialien.
Ja, das werden wir unterstützen. Und wir werden dabei immer wieder auch kritisch überprüfen, ob das, was geliefert ist, auch genau das ist, was angefordert wurde. Eine Situation, dass irgendwie Unklarheit bleibt über Materialien – stehen sie zur Verfügung, kommen sie gar verspätet? – eine solche Situation soll sich natürlich nicht wiederholen.
Appelmann: Jetzt sind Sie am Dienstag an die Ahr gereist, das ist gerade angeklungen, und Sie waren an dem Tag quasi am falschen Ort in Rheinland Pfalz. Denn in Ludwigshafen hat ein 25-jähriger somalischer Staatsbürger bei einer Messerattacke zwei Menschen erstochen. Welche aktuellen Erkenntnisse haben Sie denn zu dieser Tragödie?
Ebling: Wir informieren natürlich regelmäßig – das macht Polizei, das machen Staatsanwaltschaft – auch über die Ermittlungen. Zwei Menschen wurden getötet, einer erheblich verletzt. Ein beherztes Eingreifen der Polizei hat noch Schlimmeres, sofern man sich das vorstellen kann, verhindert. Eine wirklich entsetzliche Tat. Aber es geht natürlich jetzt darum, in alle Richtungen zu ermitteln, ob es einen Zusammenhang gab bei der Auswahl der Opfer und welche Hintergründe letztendlich einen mutmaßlichen Täter dazu geführt haben, zu so grausam Mitteln, zu so einem Tötungsdelikt zu kommen.
Appelmann: Und da ist noch ein wichtiges Detail: Der Somalier soll kurz vorher seine Ex-Partnerin bedroht haben und daraufhin soll ein Kontaktverbot verhängt worden sein. Die Menschen fragen sich jetzt: Wenn es doch dieses Kontaktverbot gab, warum hat die Polizei keine Möglichkeit, das zu überwachen?
Ebling: Das Kontaktverbot mit der ehemaligen wohl Lebensgefährtin oder Freundin, das ist tatsächlich ausgesprochen worden. Das wurde auch von der Polizei natürlich verfolgt. Inwieweit nun diese Form des Kontaktverbotes in Verbindung steht mit den Opfern, ist eine Frage, die jetzt erst einmal geklärt werden muss. Aber es gibt keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einem Kontaktverbot mit der Freundin und der – wissen wir noch nicht – Auswahl der Opfer durch den Täter. Aber es bleibt natürlich entsetzlich, es bleibt brutal. Und deswegen wird die Energie aller Ermittlungsbehörden, damit der Polizei auch mit Unterstützung des Landeskriminalamtes, darauf gerichtet sein, es zu klären.
Appelmann: Da sind noch einige Fragen offen, die wir unter anderem dann auch Ihnen stellen werden. Danke an den neuen Innenminister von Rheinland-Pfalz, Michael Ebling.
Ebling: Danke schön.