Innenminister Ebling besucht das Ahrtal

100 Tage – so viel Zeit bekommt ein neues Regierungsmitglied normalerweise, um sich einzuarbeiten. Michael Ebling bekommt diese 100 Tage nicht, das weiß er. Der ehemalige Oberbürgermeister von Mainz wurde quasi über Nacht Innenminister – nach dem Rücktritt von Roger Lewentz, dem schlechtes Krisenmanagement in der Ahrtal-Flutkatastrophe vorgeworfen wurde. Der neue Chef des Innenministeriums weiß, dass er genau an diesem Thema gemessen wird. Und daher führte ihn seine erste Dienstreise ins Ahrtal.

Dernau, 15 Monate nach der Flut. Es wird renoviert, gebaut doch die Schäden durch das Wasser sind noch deutlich sichtbar. Für den Ortsbürgermeister Alfred Sebastian geht der Wiederaufbau nicht schnell genug. Bund und Land stellen zwar viel Geld dafür bereit, doch die bürokratischen Hürden verlangsamen den Prozess. Die Ampel für den Wiederaufbau stehe auf Grün und Rot gleichzeitig.
Alfred Sebastian, parteilos, Ortsbürgermeister Dernau
„Wir haben noch keine funktionierende Straßenbeleuchtung. Wir haben noch keine Maßnahme, die wir jetzt langsam mal beginnen, die endgültig sein soll. Und da werden die Leute jetzt nervös. Die Stimmung scheint zu kippen. Und so geht es auch Privaten in ihren Häusern. Die kommen auch nicht weiter, weil da fehlen die Handwerker, da fehlen die Gelder.“
Der Wechsel an der Spitze des Innenministeriums sei richtig, so der Ortsbürgermeister. Jetzt müsse Michael Ebling sich dafür einsetzten, Bürokratie abzubauen.
Hohe Erwartungen an den neuen Innenminister, der sich gestern Nachmittag ein erstes Bild vom Ahrtal verschaffte.
Michael Ebling, SPD, Innenminister Rheinland-Pfalz
„Es war mir wichtig, weil ich auch diese Erfahrung, glaube ich, brauche, um eine Gefühl zu bekommen für die Dimension der Aufgabe, den Versuch unternehmen will, mich natürlich auch in die Menschen hineinzudenken und auch das Leid zu erfassen, das auch wahrscheinlich über Generationen prägend sein wird.“
In Gesprächen mit Landrätin Cornelia Weigand und hauptamtlichen Bürgermeistern ging es Michael Ebling zunächst darum, Vertrauen aufzubauen. Doch auch bürokratische Hürden waren Thema. Zum Beispiel Anträge für Geld aus dem Wiederaufbaufonds müssen bis spätestens Mitte nächsten Jahres gestellt sein.
Michael Ebling, SPD, Innenminister Rheinland-Pfalz
„Das drohende Auslaufen am 30.06.2023 ist zu schnell, trotz allem beherzten und engagierten Vorgehens aller Beteiligten vor Ort.“
So möchte Michael Ebling über den Bund eine Fristverlängerung erreichen.
Landrätin Cornelia Weigand erwartet vom den neuen Innenminister neue Impulse für den Wiederaufbau.
Cornelia Weigand, parteilos, Landrätin Kreis Ahrweiler
„Viele der Themen, die uns für den Wiederaufbau aus den Verwaltungen betreffen, kennt er aus der täglichen Arbeit seiner Verwaltung auch. Natürlich nicht unter dem Vorzeichen einer Katastrophe, aber unter dem Vorzeichen einer großen Stadt, wo auch vieles zu stemmen war. Und insofern hoffen wir uns da auch nochmal eine zusätzliche gute Sichtweise und viel Vertrauen, viel Verständnis für auch viele der Prozesse, die dahinter stehen.“
Auch in Dernau verspricht sich Alfred Sebastian viel durch den Wechsel an der Spitze des Innenministeriums. Aber auch ihm ist klar, der Wiederaufbau im Ahrtal wird noch Jahre dauern.