In Kordel ist immer noch viel zu tun

Wenn wir über die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz sprechen, dann denken die meisten sofort an das Ahrtal. Doch auch in der Eifel, bei Bitburg und Trier, hat das Wasser gewütet. In Trier ist ein Mensch ums Leben gekommen. Und auch hier ist über ein halbes Jahr nach der Flut noch lange nichts alles wieder beim Alten, wie unser Besuch im Eifeldorf Kordel zeigt.

Meike Weinand-Paczulla
„Wenn man nach Kordel kommt… das war früher so ein schönes, fröhliches Dorf. Die Einkaufsstraße war immer belebt.“
Sieglinde Neyses
„Die Leute haben sich verändert, sind irgendwie trauriger geworden. Es ist wie ausgelöscht, das muss man schon sagen. Der Ort hat sich vollkommen verändert.“
Medard Roth
„Sie müssen sich vorstellen, alles hat gut funktioniert. Und in einer Nacht, vom 14. auf den 15. Juli, war alles zerstört.“
Meike Weinand-Paczulla, Sieglinde Neyses, Medard Roth. Drei Kordler, deren Leben die Flut im Juli verändert hat. Noch heute, über ein halbes Jahr später, ist nichts wie es mal war.
Sieglinde Neyses, Inhaberin Hotel Neyses
„Wenn man so sieht, drei Generationen, unser Leben – das Leben von meinem Mann und mir, wir führen den Betrieb jetzt 35 Jahre – irgendwie hat man das Gefühl gehabt, oh, jetzt ist das ganze Leben im Container.“
Auch Meike Weinand-Paczulla hat ihr Leben Großteils in Kordel verbracht. Schon ihr Opa führte hier einen Friseursalon. Nach zwei coronabedingten Ladenschließungen ist das Geschäft gerade wieder angelaufen als das Wasser kommt.
Meike Weinand-Paczulla, Friseurmeisterin Kordel
„Da hat man einfach Angst. Dann wird einem zum dritten Mal die Existenz unterm Boden weggerissen. Zum dritten Mal unverschuldet. Das war das Schlimme.“
Die Friseurmeisterin wird kreativ. Sie investiert in einen Container, in dem sie provisorisch ihre Kunden frisiert, weiter Geld verdienen und so auch ihren Mitarbeiterinnen eine Perspektive bieten kann.
Meike Weinand-Paczulla, Friseurmeisterin Kordel
„Die Kunden sind auch total froh, ich bin auch total happy, dass die auch immer wieder gerne hierhin kommen, aber so jetzt nach sechs Monaten will man einfach mal ein geregeltes Leben.“
Weit weg von einem geregelten Leben ist auch Sieglinde Neyses in ihrem Hotel.

Sieglinde Neyses, Inhaberin Hotel Neyses
„Wir haben gehofft, sehr viel weiter zu sein. Aber das Ausmaß war dann doch sehr viel größer als man es übersehen konnte.“

Denn das Wasser hat Öl und andere Schadstoffe mit sich gebracht und in die Wände gedrückt. Nichts hier war noch zu retten, das Inventar ruiniert durch Schlamm und Ölschmiere. Der Schaden beläuft sich auf weit über 1 Million Euro.
Ein halbes Jahr nach der Flut sind Erdgeschoss und Keller noch immer im Rohbauzustand, denn solange die Schadstoffbelastung in den Wänden zu hoch ist, darf es nicht weitergehen.
Sieglinde Neyses, Inhaberin Hotel Neyses
„Sobald wie wir am Stand sind, dass wir nichts mehr rausholen müssten und schadstofffrei sind, wir stehen in den Startlöchern, alle Planungen liegen da, dass sie nur beauftragt werden müssen, und wir hoffen, dass wir unsere Kraft behalten, weil das wird nicht in ein paar Wochen passieren können.“
Sieglinde Neyses hofft, ihre Mitarbeiter so lange halten zu können. Noch zahlt die Versicherung für deren Dienstausfall, doch sie fürchtet, dass sich der ein oder andere umorientiert.
Die Zerstörung in Kordel ist sichtbar. Restaurants, Banken, die Kindertagesstätte – wie ausgestorben.
Medard Roth, Bürgermeister Kordel
„Die gesamte Infrastruktur der Gemeinde ist zerstört gewesen, im inneren Bereich komplett. Am weitesten voran ist die Sache jetzt mit der Bahn. Da sieht es gut aus, Anfang Februar wird der erste Zug wieder verkehren, dann die Apotheke wird auch im Frühjahr wieder aufmachen. Aber alles andere kann man noch nicht genau sagen, das wird sich wohl noch ein bisschen ziehen.“
Meike Weinand-Paczulla ist in ihrem Laden Mieterin. Doch der Eigentümer kann ihr auch nicht sagen, wann die Versicherung den Wiederaufbau bewilligt.
Meike Weinand-Paczulla, Friseurmeisterin Kordel
„Man ist so machtlos. Man würde gerne einfach mehr tun. Und dann macht einem die Versicherungen einem so einen Strich durch die Rechnung. Das dürfte es einfach nicht geben.“
Genauso sieht das Medard Roth.
Medard Roth, Bürgermeister Kordel
„Die sind beim Abschließen aller Verträge sehr schnell, nur wenn’s ums Auszahlen geht, vor allem bei Schäden über 100.000, da lassen sie sich sehr viel Zeit.“
Viel Zeit wird Kordel noch brauchen, um wieder im altem Glanz zu erstrahlen. Ein- bis eineinhalb Jahre schätzen Meike Weinand-Paczulla, Sieglinde Neyses und Medard Roth. Drei Kordler, die ihre Heimat nicht aufgeben werden.