Im Juni dieses Jahres wird in Hessen der erste Fall von Afrikanischer Schweinepest festgestellt. Seitdem hat sich das Virus rasant ausgebreitet, mit schwerwiegenden Folgen. Wir sprechen gleich mit dem hessischen Landwirtschaftsminister Ingmar Jung, werfen aber zunächst einen Blick auf das Virus, das für Menschen zwar ungefährlich, aber für Schweine fast immer tödlich ist.
Der 15. Juni 2024: Im Kreis Groß-Gerau bricht die Schweinepest aus und verbreitet sich von Südhessen nach Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Krisenstäbe werden eingerichtet, über 150.000 Hektar mit Suchhunden und Drohnen abgesucht. Veterinäre finden Hunderte verendete Wildschweine. Sperr- und Pufferzonen werden eingerichtet, in der innersten Zone 3 gelten für Schweinebauern die schärfsten Regeln. Tausende von Hausschweinen müssen gekeult werden, der wirtschaftliche Schaden ist immens und für viele Landwirte existenzbedrohend.
Auch außerhalb der Bauernhöfe wird auf drastische Maßnahmen zurückgegriffen: Wo es die Seuchenlage zulässt, wird mithilfe von Jägern der Wildschweinbestand reduziert. Waldgebiete werden abgesperrt, knapp 250 Kilometer Elektrozäune und 70 Kilometer feste Zäune hochgezogen. Wege dürfen nicht verlassen werden, da das Virus auch über Schuhsohlen verbreitet werden kann. Hunde müssen an die Leine. Hinweisschilder mahnen, Essensabfälle nur in geschlossen Müllbehältern zu entsorgen, um die Schweinepest nicht über weggeworfene Reste zu verbreiten.
Die Maßnahmen zeigen zwar erste Erfolge und sollen nun gelockert werden, Experten sehen das Seuchengeschehen aber weiterhin als dynamisch an. In den nächsten Wochen sollen weitere 145 Kilometer Zäune folgen.
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Maike Dickhaus, Moderatorin:
Es sind also weitere Maßnahmen notwendig, und über die spreche ich jetzt mit dem hessischen Landwirtschaftsminister, mit Ingmar Jung. Guten Abend.
Ingmar Jung (CDU), Landwirtschaftsminister Hessen:
Guten Abend.
Dickhaus:
Ja, Herr Jung, Sie konnten ja zuletzt die Sperrzone 3, also die mit den striktesten Maßnahmen verkleinern. Wenn wir uns also die aktuelle Lage betrachten, ist da Entspannung in Sicht? Haben wir also die Afrikanische Schweinepest im Griff?
Jung:
Also, wir haben sie soweit im Griff, wie wir sie im Griff haben können. Wir haben ein etwas statischeres Geschehen. Wir haben seit über drei Monaten keinen Hausschweinfall mehr, wenn man den kleinen Wildgehege-Fall mal wegnimmt, der formal das gleiche ist, und haben vor allen Dingen jetzt sehr lange keine neuen Gebiete mehr. Wir haben ja von außen nach innen die Zonen abgesucht und verkleinert und kommen jetzt in die Phase, bei der wir in der Festzeugung schon die Hoffnung haben, dass wir die Seuche in den Gebieten halten können, in denen sie ist. Aber wir sind noch lange nicht am Ende.
Dickhaus:
Jetzt mussten viele Schweinehalter ihre Schweine ja vorsorglich töten, um die Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Das ist ja ein enormer finanzieller Schaden. Was tut denn die hessische Landesregierung dafür, um die Landwirte da zu unterstützen?
Jung:
Also wir haben keine vorsorglichen Tötungen bei Hausschweinen, sondern nur dann, wenn ein Ausbruch in den Betrieb war, dann müssen die Schweine gekeult werden. Die anderen können in der Zone 2 noch ganz gut vermarktet werden mit Einschränkung. In der Zone drei, die jetzt verkleinert wurde, ist es in der Tat so, dass der Marktwert quasi null ist. Deswegen haben wir jetzt ein Förderprogramm, sehr bürokratiearm, aufgelegt, wonach wir pro Schwein und pro Ferkel Zahlungen leisten. 120 und 40 € Euro für die, die im letzten Jahr dort gemeldet waren, damit wir jetzt auch ohne große Antragsformulare und Ähnliches – also natürlich muss das beantragen, aber er muss jetzt nicht besonderen Nutzen oder Ähnliches nachweisen, dass wir da erste Hilfen leisten. Gleichwohl machen wir noch ein weiteres Programm, weil es immer noch welche gibt, die dann Existenzbedrohung haben in beiden Zonen. Und für die gibt es dann im nächsten Jahr Sonderförderung, wenn über Betriebsgutachten die Existenzgefährdung nachgewiesen ist.
Dickhaus:
Es gibt nämlich auch Schweinebauern, die eben schon ans Aufhören denken, weil es sich wirtschaftlich einfach nicht mehr lohnt. Sehen Sie da nicht die Gefahr, dass wir dann immer weniger Schweinebauern in der Region haben?
Jung:
Doch, die Gefahr besteht. Aber genau deswegen versuchen wir ja dem entgegenzuwirken. Wir haben von Anfang an gesagt: Unsere Maßnahmen richten sich darauf aus, dass wir Schweinehaltung auch in den jetzt betroffenen Gebieten dauerhaft möglich machen und eben nicht sagen: Wir machen jetzt schweinefrei, wie wir das schon gehört haben von anderen Bereichen. Deswegen schaffen wir jetzt die Unterstützung. Deswegen versuchen wir, die härteste Zone so klein wie möglich zu halten. Wir haben jetzt nach drei Monaten den größten Teil der Zone 3 aufheben können. Normalerweise dauert das ein Jahr – uch das ist, glaube ich, ein Ausweis ganz ordentlicher Arbeit – und wollen ja genau diesen Schweinebauern die Möglichkeit geben, jetzt auch über die Förderung dann auf Dauer auch Schweinehaltung noch hier im Bereich möglich zu machen. Die Schlachtstätten, die wir mit unterstützen, damit die auch leichter erhalten werden können, sind auf der anderen Seite ein weiterer Teil, der auch dazugehört.
Dickhaus:
Sie sagen aber auch: “Wir müssen weiter wachsam sein.” Wie kann denn die Bevölkerung mithelfen, um eben diese Seuche einzudämmen?
Jung:
Ja, da gibt es viele Maßnahmen, bei denen wir Unterstützung auch bekommen, muss man sagen. Wir haben ja viele Ehrenamtliche, die unterwegs sind, die Aufklärung leisten. Der Jagdverband, der ständig unterwegs ist, hilft. Wir haben jetzt eine eigene Öffentlichkeitskampagne noch gemacht. Und die Bevölkerung kann vor allen Dingen helfen, indem sie keine Essensreste wegwirft, sondern nur in verschlossene Behältnisse. Das ist einer der Hauptübertragungsweg für neue Infektionsherde. Dann nach Möglichkeit Hunde nur auf Wegen, nach Möglichkeit nicht im Wald alleine laufen lassen, und ansonsten aber auch nicht zu viel Sorge haben. Das muss man auch sagen. Es kann nur Schweine treffen. Menschen können sich nicht infizieren, Hunde können sich nicht infizieren. Auch der Verzehr von Fleisch ist völlig bedenkenlos. Deswegen ist es ein bisschen schade, dass viele Angst davor haben, auch aus den Zonen noch Fleisch zu konsumieren. Das ist völlig unproblematisch und kann auch weiter getan werden.
Dickhaus:
Geben Sie uns noch mal einen Ausblick Wie lange wird uns die Afrikanische Schweinepest noch beschäftigen? Also gibt es eine realistische Chance, die Seuche auszurotten oder müssen wir immer wieder mit neuen Ausbruchsgeschehen rechnen?
Jung:
Also es lässt sich natürlich sehr schwer prognostizieren und so ein komplettes Ausrotten ist selten gelungen bisher. Wir sind schon sehr zufrieden, dass wir die Zonen jetzt so definieren und halten konnten bisher. Das erste Schwein, das wir gefunden haben am 15. 06. ist immer noch das nördlichste. Das heißt, wir konnten die Nordausdehnung stoppen. Wir haben dann festgestellt, dass weiter südlich schon ältere Funde, also auch Knochenfunde waren, die drei, vier Monate alt waren und positiv. Das heißt, es kam irgendwo von Süden und die Zone haben wir nach jetziger Erkenntnis dann auch begrenzt. Das heißt, wir haben eine Eingrenzung geschafft und wenn das dauerhaft hält, dann kann man natürlich auch die Ausrottung schaffen, weil man dann irgendwann in dem Gebiet die Fälle natürlich in den Griff bekommt. Aber bis man die Maßnahmen komplett aufheben kann, muss man ein Jahr ohne positiven Fall sein. Die EU-Kommission war ja bei uns zu prüfen, haben uns wirklich sehr gute Arbeit bescheinigt, aber uns immer gesagt, es ist ein Marathon und kein Sprint. Und das ist tatsächlich so.
Dickhaus:
Da gibt es also noch jede Menge für Sie zu tun als hessischen Landwirtschaftsminister. Vielen Dank, Ingmar Jung, fürs Gespräch.
Jung:
Vielen Dank.