Im Studio: Die neue SPD-Landesvorsitzende Sabine Bätzing-Lichtenthäler

Am Wochenende hat die SPD in Rheinland-Pfalz Sabine Bätzing-Lichtenthäler zu ihrer neuen Landesvorsitzenden gewählt. Sie folgt auf Roger Lewentz, der das Amt zwölf Jahre lang innehatte. Bätzing-Lichtenthäler ist die erste Frau in dieser Position und wird die rheinland-pfälzische SPD an der Seite von Ministerpräsident Alexander Schweitzer in die Landtagswahl in eineinhalb Jahren führen. Welche Schwerpunkte sie dabei setzen will, das frage ich sie gleich hier im Studio. Aber zuerst wollen wir sie ein bisschen näher kennenlernen.

Freude, Erleichterung, Dankbarkeit – all das ist in ihrem Gesicht abzulesen, als das Wahlergebnis verkündet wird. Sage und schreibe 99 Prozent der Delegierten wählen Sabine Bätzing-Lichtenthäler beim Parteitag am Wochenende zur neuen Vorsitzenden der rheinland-pfälzischen SPD.
Bätzing-Lichtenthäler wächst in Altenkirchen im Westerwald auf. Mit 19 tritt sie der SPD bei. Von 2002 bis 2014 ist sie Mitglied des Deutschen Bundestages, zeitweise Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Dann holt sie die damalige Ministerpräsidentin Malu Dreyer als Ministerin für Arbeit, Soziales und Gesundheit zurück nach Rheinland-Pfalz. Seit 2021 ist die zweifache Mutter Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion. Dazu kommt jetzt das Amt als Landesvorsitzende.
Erstmal in Ruhe einarbeiten? Dafür ist wohl keine Zeit. Nach einer aktuellen Umfrage liegt die rheinland-pfälzische SPD bei nur 21 Prozent, das sind fast 15 Prozentpunkte weniger als bei der Landtagswahl vor dreieinhalb Jahren. Einen Grund für die schlechten Umfragewerte dürfte die SPD-geführte Ampelregierung im Bund sein. Denn fällt vor allem durch Uneinigkeit und öffentlich ausgetragene Streitereien auf, kann sich kaum noch zu wichtigen Entscheidungen durchringen.
Und das in einer Zeit, in der es mit der deutschen Wirtschaft rapide bergab geht. Wirtschaftsmotoren wie die BASF in Ludwigshafen müssen sparen, fahren die Produktion zurück und bauen Stellen ab. Zu viel Bürokratie, zu hohe Energiepreise, so der Tenor der Unternehmer. Jetzt sei es an der Politik die Rahmenbedingungen zu verbessern.
Doch die rheinland-pfälzische Regierungskoalition allein wird nicht alle Probleme lösen können. Umso wichtiger ist der Draht nach Berlin. Und der wird beim Parteitag am Wochenende wieder ein bisschen ausgebaut. Der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil ist zu Gast, um der neuen rheinland-pfälzischen Landesvorsitzenden zu gratulieren.
Lars Klingbeil (SPD), Bundesvorsitzender: „Ich weiß, du wirst das hervorragend machen. Und ich kann dir nur sagen: Mein Handy ist für dich immer an, meine Tür steht immer auf. Wenn es Bedarf gibt, dann melde dich jederzeit.“ 
Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD), Landesvorsitzende Rheinland-Pfalz: „Und du weißt, lieber Lars, die Handynummern sind ausgetauscht. Du kannst auch jederzeit dich bei uns gerne melden.“ 
Mit dem einen oder anderen Tipp aus Rheinland-Pfalz, gerade in Bezug auf geräuschloses Regieren und Einigkeit, wäre die Bundes-SPD sicherlich gut beraten.
Studiotalk:
Maike Dickhaus, Moderatorin: Ja, und jetzt ist sie bei mir zu Gast im Studio. Die neue Landesvorsitzende der rheinland pfälzischen SPD, Sabine Bätzin-Lichtenthäler. Guten Abend.
Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD), Landesvorsitzende Rheinland-Pfalz: Schönen guten Abend.
Dickhaus: Ja, wir haben eben gehört, es gibt da eine Standleitung nach Berlin. Wie heiß wird denn das Telefon laufen? Denn die Performance der Bundes Ampel, die schlägt sich ja auch auf die Umfragewerte der SPD hier im Land nieder.
Bätzing-Lichtenthäler: Also erst mal habe ich ja auch wirklich angeboten, dass sich die Ampelkoalition in Berlin bei der guten Ampel in Rheinland Pfalz auch den einen oder anderen Tipp mal abholen könnte, wie geräuschlose Regieren funktioniert. Aber wie gesagt, ich denke, dass auch in Berlin die Bundesregierung erkannt hat, gerade auch nach den Wahlen in Sachsen und in Thüringen, ist jetzt ein dringender Wendepunkt, der ist erreicht. Und wir haben ja dann auch einen Bundeskanzler erlebt im Haushalt, der sehr engagiert, der sehr energisch war, der sehr klare Positionen vorgetragen hat. Und ich hoffe, dass die Koalition jetzt diesen Weg auch gemeinsam weitergeht, weil das wäre dringend nötig.
Dickhaus: Jetzt stehen Sie hier im Land bei 21 %, die CDU bei 31 %. Wir haben aber deutlich mehr Probleme beim Thema Migration. Das Bündnis Sahra Wagenknecht und die AfD, die gewinnen an Zuspruch und sie haben ihr Zugpferd Malu Dreyer nicht mehr. Da können sie sich doch nicht verlassen auf eine knappe Aufholjagd, um die CDU dann einzuholen. Zur nächsten Landtagswahl, oder?
Bätzing-Lichtenthäler: Also wir verlassen uns da nicht auf irgendeine knappe Aufholjagd. Wir verlassen uns auch nicht auf die Ampel in Berlin, sondern wir müssen uns auf unsere Stärke und wir sind eine geschlossene SPD Rheinland Pfalz. Wir haben einen ganz starken Spitzenkandidaten, einen tollen Ministerpräsidenten und wir packen die Themen an, die die Menschen bewegen. Sie haben gerade das Thema Migration benannt, aber auch das Thema Bildung, die Kommunen, der Mittelpunkt, wo Demokratie sich vor Ort noch entscheidet. Das sind die Themen, die die Menschen umtreiben, über die sie zu Hause beim Abendbrottisch miteinander diskutieren. Das wollen wir aufgreifen, als SPD Rheinland Pfalz Lösungen dafür erarbeiten und so aus eigener Kraft, mit eigenem Engagement, mit einer geschlossenen Partei, mit einem tollen Ministerpräsidenten, dem Menschen von der SPD Rheinland Pfalz überzeugen.
Dickhaus: Die schlechten Umfragewerte der SPD haben ja auch mit den aktuellen Wirtschaftsprobleme in Deutschland zu tun. Stichwort BASF. Was tut denn die Regierungskoalition im Land, um diesen Trend zu stoppen?
Bätzing-Lichtenthäler: Also wir haben heute den Haushalt eingebracht für 25 / 26. Wir haben allein im Bereich der Wirtschaftspolitik eine halbe Milliarde Euro zur Verfügung gestellt, um die Innovationskraft der Unternehmen zu stützen, um sie auch zu unterstützen. Und natürlich befinden wir uns in dem Veränderungs Jahrzehnt schlechthin. Die Transformation, der Strukturwandel. Das beschäftigt die Unternehmen, aber natürlich auch die Mitarbeitenden. Und es gelingt nur gemeinsam, diesen Wandel zu gestalten. Wir haben ja in Rheinland Pfalz ein Transformations Ministerium, eine Transformationsagentur, einen Rat, die sich alle damit gemeinsam mit den Unternehmen beschäftigten. Und für mich ist ein Punkt ganz wichtig Dieser Wandel, der gelingt nur gemeinsam. Es gelingt niemals nur zulasten der Mitarbeitenden, sondern es geht nur mit Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Denn wir haben das zuletzt gesehen bei Tada Werken in Zweibrücken oder auch bei ThyssenKrupp Rachel Stein, Andernach. Es ist ganz wichtig, dass wir diesen Wandel gemeinsam anpacken. Und hier bietet die Landesregierung zahlreiche Instrumente und Unterstützungen, um die Unternehmen und die Beschäftigten dabei zu begleiten.
Dickhaus: Stichwort Personalkosten Sie haben gerade wieder gefordert, den Mindestlohn auf 15 € zu erhöhen. Jetzt wurde ja eigens eine Mindestlohnkommission gegründet, die unabhängig von der Politik entscheiden soll. Wieso mischen Sie sich da trotzdem ein?
Bätzing-Lichtenthäler: Die Mindestlohnkommission wird das ja auch entscheiden, wie hoch dann der Mindestlohn sein wird. Trotzdem glaube ich, brauchen wir auch hier eine ganz klare politische Positionierung. Und wenn wir sehen, wie Lebenshaltungskosten, wie Inflation etc. auch zuschlägt, wenn wir sehen, was das bedeutet, wenn Menschen später in Rente gehen mit einem zu geringen Lohn, dann sehen wir auch ganz deutlich das wirkliche Erfordernis. Wir brauchen einen starken Mindestlohn und der liegt bei 15 € unseres Erachtens.
Mindestlohn, Tariftreuegesetz, Vermögenssteuer. Sind das denn die Rezepte, mit denen Sie als SPD die deutsche Wirtschaft wieder aus dem Tal holen wollen?
Also das sind nicht die Rezepte alleine, mit der man die deutsche Wirtschaft aus dem Tal will, sondern ich glaube, man braucht verschiedene Instrumente. Es gibt nicht das Allheilmittel. Aber natürlich muss man auf der einen Seite sehen, wie generiert man auch Einnahmen. Und das ist natürlich auch das Thema der Vermögensteuer, was dort eine Rolle spielt. Man muss auf der anderen Seite sehen, wie kann man die Menschen unterstützen, die eben nicht entsprechend auskömmlich bezahlt werden. Stichwort Mindestlohn und Tariftreue. Und dann hat man die Unternehmen, die es auch zu unterstützen gilt. Und da sprechen wir dann eben über diese Begleitung in der Transformation. Da sprechen wir über die Energiewende, da sprechen wir über den ganzen Bereich dieses Strukturwandels. Und da setzt unsere Landesregierung sowohl mit unserer Arbeit als auch mit unserer Wirtschaftsministerin, Ministerin und allen voran unseres Ministerpräsidenten ganz, ganz klare Schwerpunkte.
Dickhaus: Schauen wir noch auf die Krankenhäuser. Auch da sind viele in wirtschaftlichen Problemen. Auch in Rheinland Pfalz sehen wir immer mehr Insolvenzen. Und denen wird auch die Krankenhausreform Ihres Parteikollegen, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, nicht mehr helfen. Das heißt, wie wollen Sie da die flächendeckende Gesundheitsversorgung im Land sicherstellen?
Bätzing-Lichtenthäler: Wir sind ja in Rheinland Pfalz, das Land der kleinen Krankenhäuser. Wir haben wirklich in der Fläche sehr, sehr viele Krankenhäuser. Und wir sehen die Entwicklung bundesweit. Es wird zu mehr Zusammenschlüssen kommen müssen, und gleichzeitig werden wir auf der anderen Seite sehen, dass sie die Gesundheitsversorgung, die Basisversorgung vor Ort sicherstellen müssen, das heißt für die ausgewählte Knie OP oder die ausgewählte Hüfte. Dafür können Sie dann entsprechend in ein Krankenhaus fahren. Das ist ein geplanter Eingriff, aber für den Notfall vor Ort, da braucht es die Anlaufstellen. Ob das dann immer das klassische Krankenhaus ist, wie wir es vielleicht von früher kannten, das Mag vielleicht etwas anders sich darstellen. Mir ist wichtig Die Menschen müssen versorgt sein für die Notfälle als auch für die kollektiven Eingriffe. Und ich bin sehr froh, dass unsere Landesregierung hier auch sehr viel Geld für die Krankenhaus Investitionen zur Verfügung gestellt hat. Gemeinsam mit dem Bund wurden die Mittel verdoppelt für Rheinland Pfalz, um diese Strukturveränderung auch auf den Weg zu bringen.
Dickhaus: Da gibt es dann also sehr viel für Sie zu tun, auch als neue Landesvorsitzende der rheinland pfälzischen SPD, Frau Bätzing. Vielen Dank für Ihren Besuch hier bei mir im Studio.
Bätzing-Lichtenthäler: Ganz herzlichen Dank!