Im Interview: Prof. Bodo Plachter

Wie wichtig sind für Prof. Bodo Plachter Kontaktbeschränkungen? Wie schätzt er die Omikron-Variante ein? Wie wirksam ist der neue Impfstoff Novavax? Antworten darauf gibt der Virologe in unserem Talk mit Eva Dieterle.

Eva Dieterle, Moderatorin: Und jetzt wollen wir das Ganze wissenschaftlich einordnen und das tun wir mit Professor Bodo Plachter. Er ist Virologe an der Universitätsmedizin in Mainz. Guten Tag!
Prof. Bodo Plachter, Virologe Universitätsmedizin Mainz: Schönen guten Tag.
Dieterle: Herr Professor Plachter, die Ministerpräsidenten beraten heute gemeinsam mit dem Bundeskanzler über das weitere Vorgehen. Es soll weitere Kontaktbeschränkungen geben. Wie wichtig ist das aus Ihrer Sicht?
Plachter: Ich glaube, es ist sehr wichtig, sich im Augenblick etwas zurückzuhalten mit Kontakten. Wir sehen, dass die Omikron-Variante von SARS-Coronavirus-2 sich weltweit relativ schnell ausbreitet in einer sehr hohen Geschwindigkeit. Und das sollte man im Augenblick tatsächlich versuchen, etwas zu vermindern, einzubremsen. Denn wir sind im Augenblick dabei, natürlich mit der Impfkampagne, auch mit der Booster-Kampagne, möglichst viele Menschen zu schützen. Das heißt, es ist im Augenblick durchaus sinnvoll natürlich diese Ausbreitung zu vermindern, zu verlangsamen, um es auf den Punkt zu bringen, und außerdem muss man natürlich schauen, dass man jetzt im Augenblick die Krankenhäuser nicht überlastet, die jetzt schon an der Grenze sind. Das heißt, hier ist durchaus geboten, eben über Kontaktbeschränkungen, auch die Ausbreitung von Omikron etwas zu reduzieren.
Dieterle: Sie haben es gerade schon mal kurz erwähnt, die neue Corunavirus-Variante Omikron breitet sich aus und ist in Amerika binnen zwei Wochen zur vorherrschenden Variante geworden. Wird das auch bei uns so kommen?
Plachter: Das ist leider zu erwarten früher oder später, natürlich in der Hoffnung etwas später, eben über entsprechende Kontaktbeschränkungen auch das etwas hinauszögern. Aber aufgrund der hohen Infektiosität dieser Variante muss man leider damit rechnen, dass sie auch bei uns über kurz oder lang eben auch zur vorherrschenden Variante werden wird.
Dieterle: Können Sie das für uns einordnen? Wie viel gefährlicher ist Omikron schon?
Plachter: Zunächst einmal natürlich dadurch gefährlicher, weil sie eben ansteckender ist, das heißt, mehr Menschen haben Kontakt mit dem Erreger, infizieren sich leichter, und damit kann man sich natürlich vorstellen, wenn Omikron auch wirklich genauso pathogen ist, wie wir das sagen, das heißt also schwere Krankheitsbilder hervorruft, dann hat man natürlich über die gesamte Zahl oder die erhöhte Zahl der Infizierten auch natürlich ein erhöhtes Risiko. Ob Omikron jetzt wirklich selber stärkere Krankheitsbilder hervorruft, also gefährlicher ist für den Einzelnen, das lässt sich im Augenblick noch nicht sagen. Da gibt es ja eher sogar Zahlen, die so ein bisschen in die andere Richtung deuten würden.
Dieterle: Das einzige, was wir aktiv tun können, ist, uns an die AHA-Regeln zu halten, Kontakte zu meiden und natürlich auch uns impfen und boostern zu lassen. Jetzt gibt es einen ganz neuen Impfstoff Novavax. Viele haben darauf gewartet. Was ist denn das Besondere daran?
Plachter: Ja, Novavax enthält dieses sogenannte Spike-Protein, das wir mittlerweile alle kennen, also das Oberflächenprotein von SARS-Coronavirus-2. Dieses Virus oder dieses Protein ist eben die wichtigste Struktur, um Antikörperantworten auszulösen nach Impfung. Bei MRNA-Impfstoffen wird dieses Protein erst im Körper hergestellt. bei Novavax, das ist eher eine konventionelle Strategie, wird das Protein, also das fertige Produkt gespritzt und entspricht damit so ein bisschen der gleichen Philosophie wie beispielsweise bei der Influenza-Impfung, wo auch das Protein gespritzt wird und keine MRNA oder irgendwas anderes. Das heißt, eher ein konventioneller Ansatz der Immunisierung.
Dieterle: Können Sie einschätzen, wie wirksam der neue Impfstoff ist, auch gegen die neue Variante Omikron?
Plachter: Naja, es gibt natürlich entsprechend der Zulassungsstudien auch für die Novavax-Vakzine, wo sich gezeigt hat, dass gegen die bisherigen Varianten auch ein sehr guter Schutz gegen schwere Krankheit und gegen Tod induziert wird durch die Impfung. Es gibt allerdings bislang eben auch noch keine Daten zu Omikron – gibt es übrigens auch bei den anderen Impfstoffen noch keine wirklich zuverlässigen Daten, wie gut die jetzt wirklich schlussendlich wirken. Das heißt, auch hier muss man warten. Und natürlich ist es möglich, dass man auch bei Novavax relativ schnell darüber nachdenken muss, eben diesen Impfstoff entsprechend anzupassen, um den eben auf Omikron quasi passend herzustellen.
Dieterle: Herr Professor Pachter, vielen Dank für Ihre Einschätzungen.
Plachter: Gerne.