Hunderte Milliarden für den Klimaschutz – Weitere Meinungen der Redaktion

Die Vorschläge von Ralph Brinkhaus – kommentiert von Mitgliedern der 17:30-Redaktion.

 

Melanie May

Mit Klima kann man punkten – das haben endlich wohl auch die Christdemokraten aus den vergangenen Wahlen gelernt. Man sagt ja: Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. Und um das vorherige Versagen wieder gut zu machen, scheint man jetzt den Versuch zu starten, grüner zu sein als die Grünen. Die Politik müsse den Bürgern jetzt sehr ehrlich sagen, dass jeder Einzelne sein Verhalten überprüfen müsse. Das sagt Ralph Brinkhaus, bedenkt dabei aber nicht, dass zu jedem Einzelnen dann auch CDU und CSU gehören. Wird dann der bequeme Kurzstreckenflug gegen eine lange Bahnfahrt eingetauscht? Oder geht es dann mit dem Elektroauto nach Berlin? Wohl eher nicht, denn wie der CDU-Bundesvize Thomas Strobl jüngst sagte, wolle man ja nicht mittels Verboten bevormunden. Wenn die Union nach außen eine klare, strenge Linie fahren will, dann muss sie auch geschlossen dahinter stehen. Vom Steuerzahler fordern, ohne zu geben, bringt keine Wählerstimmen. Denn nicht anderes ist es: Der Wettlauf um den Klimaschutz zwischen Grünen und CDU ist ein Wettlauf um Wählerstimmen. Dabei bleibt eins auf der Strecke: das Klima.

 

Daniel Groos

Sollten wir mehrere Hundert Milliarden Euro in die Hand nehmen, um die Klimaschutzziele zu erreichen? Ganz ehrlich: Warum nicht? Im Vergleich zu anderen Ländern, kommen wir dadurch immer noch glimpflich davon. Während die Felder afrikanischer Kleinbauern vertrocknen, müssen Inselbewohner, zum Beispiel auf den Malediven, längst Angst davor haben, dass ihre Heimat irgendwann einfach untergeht. Auch die Tierwelt leidet. In Sibirien machte zuletzt ein Eisbär Schlagzeilen, weil er ausgehungert in einer Großstadt, fern ab seines Jagdgebietes nach Nahrung suchte. Doch auch vor unserer eigenen Haustüre spielt sich der Klimawandel ab. Doch wir ziehen unsere Scheuklappen auf, wenn wir morgens auf dem Weg zur Arbeit an vertrockneten Bäumen vorbei fahren. Es ist der heißeste Juni, den es je gab und wir drehen die Klimaanlage einfach weiter auf. Wir jammern, dass einem draußen sofort der Schweiß auf der Stirn steht. Wenn wir dann aber im Dezember auf die Kanaren fliegen, um endlich mal wieder Sonne zu tanken, dann ist schwitzen okay. Lasst uns doch alle endlich umdenken – weniger fliegen, weniger Auto fahren, weniger Nahrungsmittel vom anderen Ende der Welt kaufen. Meinetwegen auch die belohnen, die mehr CO2 sparen, als andere. Auch wenn es nicht ums Geld gehen sollte, sondern um die Verantwortung vor unserem Planeten. Wenn wir nicht endlich handeln, werden uns unsere Enkel und Urenkel in 10, 20, 30 oder 50 Jahren fragen, warum wir damals nicht mehr getan haben. Bleibt nur die Hoffnung, dass wir dann schon tot sind. Denn wir werden keine zufriedenstellenden Antworten haben.

 

David Rischke

Die Idee von Ralph Brinkhaus ist längst überfällig. Erst der Druck durch die „Fridays for Future“-Bewegung hat die Politik – hoffentlich – aus ihrer Verzögerungshaltung gerissen. Deutschland ist längst zum Sorgenkind im internationalen Kampf gegen den Klimawandel geworden. Drastische Situationen erfordern drastische Maßnahmen. Nur: Der Durchschnittsbürger darf unter gar keinen Umständen weiter belastet werden. Es darf kein weiteres Auseinanderdriften zwischen Arm und Reich mehr geben. Starke Schultern müssen mehr tragen. Außerdem muss endlich Schluss sein mit dem Hofieren der Autolobby. Schmutzige Diesel müssen runter von unseren Straßen. Sofort. Schummelkonzerne wie VW und Audi müssen für ihre Verbrechen zahlen. Umweltverschmutzer, wie die Betreiber von Kohlekraftwerken, müssen zahlen. Und viele weitere Sünder mehr. Allein bei den genannten dürfte Ralph Brinkhaus fündig werden, wenn er Geld einsammeln will. Das wird nicht reichen, aber er wird sich mehr einfallen lassen müssen. Denn: Es gibt keine Alternative. Wollen wir den Planet lebenswert erhalten oder unser aller Wohlbefinden weiter der unendlichen Habgier einiger weniger Profiteure opfern?

 

Michael Otto

Es klingt nach einem bizarren Wettstreit: Wer bietet mehr Milliarden für den Klimaschutz? Ob es Angst angesichts des grünen Umfrage-Höhenflugs ist, oder ob in Ralph Brinkhaus die Erkenntnis gereift ist, dass sich unglaubwürdig macht, wer die selbst gesteckten Ziele meilenweit verfehlt, ist nebensächlich. Möglicherweise ist es ohnehin beides. Entscheidend ist, dass der Klimawandel nicht durch Geld aufgehalten wird, sondern – wenn überhaupt – durch eine radikale Umstellung unserer Lebensweise. Die Politik sollte hier Klartext reden und nicht die Illusion nähren, man könne mit Verschiebungen im Staatshaushalt ein globales Problem lösen. Ob bei der nächsten Bundestagswahl die Union oder die Grünen ein paar Prozentpunkte vorne liegen, ist angesichts der Probleme, die zu lösen sind, ohnehin völlig irrelevant.