Hessischer Demografiepreis verliehen
Seit Jahren fehlen Ärzte – vor allem im ländlichen Raum. Auch das nordhessische Schwarzenborn stand 2015 vor dem Problem, dass die letzte örtliche Hausärztin in den Ruhestand geht und es keine Praxis-Nachfolge gibt. Doch damit wollte sich die kleinste Stadt Hessens nicht abfinden und entschied sich für ein Medizinisches Versorgungszentrum – kurz MVZ – in kommunaler Hand. Und das hat das Interesse von Ärztin Anja Kort geweckt.
Hier im MVZ Schwarzenborn fühlt sich die Fachärztin für Frauenheilkunde richtig wohl. Als eine von zwei Ärztinnen kümmert sie sich seit über einem Jahr um das Wohl ihrer Patientinnen. Für die Möglichkeit, ohne eigenes wirtschaftliches Risiko in einer Praxis zu arbeiten, hat sie ihre Stelle als Oberärztin an einer nahegelegenen Klinik aufgegeben.
Anja Kort, Fachärztin für Frauenheilkunde
„Weil hier einfach ein super motiviertes Team ist. Und ich hier alle Bedingungen vorgefunden habe, die ich mir fürs Arbeiten mit Patienten wünsche. Ich bin angestellt, ich kann flexibel arbeiten. Ich kann meine Zeiten auch so festlegen, wie es für mich und meine Familie passt. Das ist mit einem gewissen Existenzdruck sicherlich nicht ganz so gut möglich.“
Als Arbeitgeberin bietet die Stadt Schwarzenborn ein sicheres Einkommen und kümmert sich um die Bürokratie. So können sich auch die sechs Medizinischen Fachangestellten ganz auf die Versorgung der rund 2000 Patienten im Quartal konzentrieren. 1,4 Millionen Euro hat die Stadt in den Bau des MVZ investiert, um die medizinische Versorgung sicherzustellen.
Jürgen Liebermann (SPD), Bürgermeister Schwarzenborn
„Es ist momentan eher so, dass die Praxen alle gut zu tun haben und keine weiteren Patienten teilweise mehr aufnehmen können. Und auch wir haben in den letzten fünf Jahren, seitdem es das MVZ gibt, sechs, sieben allgemeinmedizinische Praxen um uns herum, die geschlossen sind, wahrgenommen. Und dann kommen die Leute zu uns.“
Mittlerweile ist der Betrieb für die mit 1348 Einwohnern kleinste Stadt Hessens kostendeckend. Als landesweit erstes und bislang einziges kommunal geführtes MVZ ist es nun auch prämiert – mit dem Demografie-Preis des Landes Hessen. Der geht alljährlich an innovative Projekte, die dem demografischen Wandel im ländlichen Raum begegnen.
Axel Wintermeyer (CDU), Chef der Hessischen Staatskanzlei
„Hier haben wir ein Medizinisches Versorgungszentrum, wo praktisch alles organisiert ist. Und die Ärzte an sich nur noch ihrer ärztlichen Tätigkeit nachgehen müssen. Und gerade junge Ärztinnen und Ärzte, die vielleicht auch mit Familie nicht jeden Tag ganz arbeiten können. Das bringt Ärzte aufs Land, damit medizinische Versorgung und macht das Land lebenswert.“
Dass es bei 93 Einreichungen am Ende für Platz eins reicht, damit hat in Schwarzenborn niemand gerechnet.
Christina Eisenhut, Geschäftsführerin MVZ Schwarzenborn
„Ich freu mich mega! Ich freu mich ganz doll. Ich war von Anfang an bei dem Projekt dabei und keiner wusste, wie ist mit uns umzugehen. Weder die Kassenärztliche Vereinigung, noch die Kommunalaufsicht. So gibt’s eben verschiedene Gremien, mit denen wir klarkommen müssen. Aber wir arbeiten mittlerweile mit allen gut zusammen.Jürgen Liebermann (SPD), Bürgermeister Schwarzenborn
„Es wird letzten Endes schon auch der Mut und das Risiko, was wir gegangen sind, das es ganz deutlich war, hiermit auch noch mal ein Stück weit gewürdigt.“