Hessen will Vorreiter bei der Kernfusion werden

Strom ist teuer, die Energiegewinnung schwierig. Hessen will deshalb neue Wege gehen und Leitstandort für laserbasierte Kernfusion werden. Wie das funktionieren soll, darüber haben Politik, Wirtschaft und Wissenschaft heute in Biblis beraten. Doch nicht nur die Opposition, sondern auch Umweltschützer sehen das Vorhaben kritisch.

Das Atomkraftwerk Biblis – bis vor 14 Jahren wurde hier Strom erzeugt, durch Kernspaltung. Seitdem steht es still. Und soll nun eine neue Verwendung finden. Das Land Hessen möchte hier gemeinsam mit Vertretern aus der Wirtschaft und Wissenschaft einen Kernfusionscampus errichten. Er soll Testanlagen und eine Demonstrationsanlage umfassen für die laserbasierte Kernfusion.
Boris Rhein (CDU), Ministerpräsident Hessen
„Sie kann ein Gamechanger sein in der Frage Energieversorgung der Zukunft. Grundlastfähig, CO2-neutral, relativ risikofrei. Und deswegen sollten wir uns angewöhnen, öfter mal wieder in etwas einzusteigen, statt aus Dingen auszusteigen.“
Das Vorbild für die Technologie ist die Sonne. In ihrem Inneren verschmelzen Wasserstoffatome zu Helium unter extremer Hitze und extrem hohem Druck. Dabei werden enorme Mengen Energie frei, die bei uns auf der Erde in Form von Licht und Wärme ankommt. Ein Prinzip, das Forscher mithilfe von Hochleistungslasern nachahmen wollen.
Staatliche Fördermittel und private Investitionen sollen den Campus finanzieren. Das Land stellt 20 Millionen Euro zur Verfügung.
Die Grünen kritisieren die Investitionen der Landesregierung. Es sei völlig unklar, wann die Kernfusion tatsächlich einsatzbereit wäre.
Martina Feldmayer (Bündnis 90/Die Grünen), Abgeordnete Landtag Hessen
„Auf etwas zu setzen, was man vielleicht als Wundermittel sieht, aber was absehbar nicht zur Verfügung steht, das halten wir für einen falschen Weg. Vor allen Dingen, wenn das eine gegen das andere ausgespielt wird. Die Landesregierung kürzt bei dem Klimaschutz, 127 Millionen Euro gibt es weniger, und auf der anderen Seite soll massiv hier investiert werden.“
Zweifel an der Technologie kommen auch vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Die Technologie sei noch zu wenig erforscht.
Werner Neumann, BUND Hessen
„Wenn der hessische Ministerpräsident verkündet, Kernfusion sei bezahlbar und sauber, dann ist das entweder Irreführung oder er ist einfach schlecht informiert worden. Also es wird das drei- bis vierfache, wenn nicht noch mehr kosten als Strom aus erneuerbaren Energien, die wir heute schon nutzen können. Und es wird auch Atommüll geben.“
Auf diese Kritik angesprochen, bleibt der Ministerpräsident heute vage.
Boris Rhein (CDU), Ministerpräsident Hessen
„Wir brauchen Technologieoffenheit statt Technologieskepsis. Und ich glaube, gerade der BUND sollte Interesse daran haben, dass wir klimaschonende Energieversorgungen möglich machen und nutzbar machen.“
Ob und wann hier im stillgelegten Kernkraftwerk tatsächlich wieder Energie erzeugt wird, kann bisher niemand sagen. Klar geworden ist: Die laserbasierte Kernfusion ist keine Lösung für einen günstigen Strompreis in naher Zukunft.