Hessen will Einsatz von Pestiziden reduzieren

Neben dem Klimawandel gehört das Artensterben zu den aktuell größten Bedrohungen für das Leben auf unserem Planeten. Forscher gehen davon aus, dass bis zum Ende des Jahrhunderts über eine Million Arten ausgestorben sein könnten. Ein Grund dafür ist der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. Dem will die hessische Landesregierung nun entgegentreten.

Was aussieht wie ein Mini-Laubbläser ist eigentlich ein richtiger Naturfreund. Der Nützlingspuster. Diese Nützlinge bläst Sebastian Bartsch im Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen auf die Blumen, damit er keine giftigen Pestizide verwenden muss. Denn Blumen sind anfällig für Spinnenmilben, die für sie tödlich sein können.
Sebastian Bartsch, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen
„Die kann man bisher klassisch, nur chemisch bekämpfen mit Insektiziden, also echtem Gift. Und die haben aber auch Gegenspieler. Sogenannte Raubmilben. Das heißt, wir bekämpfen hier das eine Tierchen mit dem anderen. Und versuchen durch unsere Klimasteuerung, Luftfeuchte etc. so einzustellen, dass sich der Nützling wohler fühlt als der Schädling und der Nützling den Schädling wegfrühstückt.“
Neben dem Nützlingspuster wird hier in Germersheim auch der Hackroboter erforscht. Er beseitigt in Salatbeeten das Unkraut. Dank des kleinen Helfers können Landwirte weniger Pestizide verwenden, und schützen so die Umwelt.
Zwei Methoden, die sich, wenn es nach der hessischen Umweltministerin geht, im ganzen Land verbreiten sollen. Das Ziel: 30% weniger Pestizide in Hessen bis 2030. In Ihrem Pestizid-Reduktionsplan setzt die Umweltministerin vor allem auf Beratung. Landwirte, Winzer oder Hobbygärtner, die weniger Pestizide spritzen wollen, können sich hier in der Gartenakademie Unterstützung holen. Bis 2028 stellt das Land dafür zwei Millionen Euro zur Verfügung.
Priska Hinz (Bündnis 90 / Die Grünen), Umweltministerin Hessen
„Selbst wenn ein Interesse vorhanden ist in der Landwirtschaft und auch bei Kommunen, die ja ihre Grünanlagen pflegen, heißt es noch nicht, dass alle genau wissen, wie es funktioniert. Und die Frage, wie es funktioniert, da verbessern wir jetzt die Beratungs- und auch die Schwerpunktpraxis, und wir haben jetzt schon ein hohes Interesse signalisiert bekommen. Ich gehe davon aus, dass wir gute Fortschritte erzielen werden.“
Doch für die Landwirte ist der Einsatz von Pestiziden rentabler. Denn der Nützlingspuster bekämpft nur einen Schädling und ist teurer.
Der Bauernverband Hessen unterstützt die Pläne der Ministerin. Aber:
Hans-Georg Paulus, Generalsekretär Hessischer Bauernverband
„Man muss natürlich sagen, das wird natürlich in der praktischen Umsetzung schon noch Probleme geben. Man muss die Betriebe finden, die mitmachen. Die Betriebe haben ja tagtäglich sehr viel zu tun. Die haben ja auch andere Punkte, die sie beachten müssen. Und ein Betrieb muss dann freiwillig sagen: ‚Ich bin bereit so ein Modellbetrieb zu werden‘. Das wird sicherlich Gespräche bedürfen, dass wir auch genug Betriebe finden.“
So ist unklar, ob das Ziel der Umweltministerin auch wirklich erreicht wird und der Nützlingspuster im Kampf gegen zu viele Pestizide eine echte Alternative oder nur heiße Luft ist.