Hanau-Untersuchungsausschuss fordert mehr Akteneinsicht

175.000 Blatt Papier – aneinander gelegt die Strecke von Wiesbaden nach Hanau – das ist Stand jetzt der Aktenberg, den der Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf neun Hanauer Bürger im Februar 2020 derzeit bearbeitet. Doch auch rund ein halbes Jahr nach seinem Zusammentreten fehlen dem Ausschuss noch immer wichtige Informationen. In seiner heutigen Zwischenbilanz macht der Ausschussvorsitzende diesbezüglich auch dem Generalbundesanwalt Vorwürfe, der die Ermittlungen im Fall Hanau geleitet hat.

Es geht um Aufklärung, um Transparenz – doch bei vielen Fragen tappen die Mitglieder des Untersuchungsausschusses zum Anschlag von Hanau noch immer im Dunkeln.
Denn die Akten, die der Generalbundesanwalt dem Ausschuss zur Verfügung stellt, sind an vielen Stellen geschwärzt. An zu vielen aus Sicht der Ausschussmitglieder.
Marius Weiß, SPD, Vorsitzender Hanau-Untersuchungsausschuss
„Der Generalbundesanwalt legt besonderen Wert auf das Persönlichkeitsrecht, auch auf das postmortale Persönlichkeitsrecht der Opfer. Und wir sagen, wir brauchen natürlich auch die Daten, auch über die Opfer, auch über die Todeszeitpunkte, um zu wissen, wäre eventuell durch ein schnelleres Eingreifen der Polizisten, der Rettungskräfte möglich gewesen, tatsächlich noch Opfer zu retten.“
Zudem habe der Generalbundesanwalt dem Ausschuss nicht alle Daten übermittelt.
Die Ausstellung „Three Doors“ des Frankfurter Kunstvereins thematisiert die Ereignisse des 19. Februar 2020 multimedial. Ein Video zeigt Wärmebildaufnahmen, die in der Tatnacht durch einen Polizeihubschrauber aufgezeichnet wurden und mit der Signatur GBA – Generalbundesanwalt – versehen sind.
Dem Ausschuss liege das Video hingegen nicht vor.
Marius Weiß, SPD, Vorsitzender Hanau-Untersuchungsausschuss
„Ich gehe davon aus im Übrigen, dass dieses Video ja auch Teil der Ermittlungen war, die der Generalbundesanwalt geführt hat und von daher sind wir wirklich sehr überrascht, dass wir dieses Video bis jetzt nicht im Aktenbestand haben. Ich habe es nachdrücklich eingefordert beim Generalbundesanwalt, dass wir das bekommen. Und das muss ja, also es ist eigentlich peinlich, dass wir es bis jetzt noch nicht haben und dass das öffentlich vorgeführt wurde. Das muss man so sagen.“
Reporter: „Aber auf diese Nachfrage von Ihnen hat er wie reagiert?“
Marius Weiß: „Habe ich bis jetzt noch keine Antwort bekommen.“
Das soll sich spätestens am 04. Juli ändern. Denn für diesen Tag hat Marius Weiß den Generalbundesanwalt zur Ausschusssitzung geladen.
Doch auch, dass noch immer einzelne Ermittlungsverfahren laufen, lähmt den Ausschuss.
Marius Weiß, SPD, Vorsitzender Hanau-Untersuchungsausschuss
„Und deswegen müssen wir das gut austarieren, zu welchem Zeitpunkt laden wir welche Zeugen, damit die auch tatsächlich was beitragen können und nicht – was ihr gutes Recht ist – sich auf ihr Aussageverweigerungsrecht berufen, weil gegen sie noch Verfahren laufen.“
Die heutige Zwischenbilanz des Ausschussvorsitzenden macht deutlich, es gibt noch viel zu tun. Im Sommer 2023 will Marius Weiß der Öffentlichkeit den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses vorstellen. Ob dieses Datum jetzt noch einzuhalten ist, kann er heute nicht garantieren.