Gutachten zu Erstattung von Flüchtlingskosten

Die Zahl der nach Europa kommenden Flüchtlinge steigt gerade wieder. Auch in Rheinland-Pfalz rechnen die Städte und Gemeinden im anstehenden Winter wieder mit mehr Schutz suchenden Personen, die dann vor Ort untergebracht und betreut werden müssen. Wer für die dadurch entstehenden Kosten aufkommen soll und in welcher Höhe, darüber streiten sich die Kommunen und die Landesregierung schon länger. Die drei rheinland-pfälzischen Kommunalverbände haben deshalb ein juristisches Gutachten in Auftrag gegeben und die Ergebnisse heute in Mainz vorgestellt.

Ein Dach über dem Kopf, etwas zu essen. Es ist kein Luxus, den Flüchtlinge nach ihrer Ankunft erhalten. Trotzdem kosten die Leistungen für Geflüchtete die rheinland-pfälzischen Kommunen jedes Jahr viele Millionen Euro. Kosten, auf denen sie zu einem großen Teil sitzen bleiben, weil das Land nur einen Teil davon übernimmt. Ein Gutachten, das die kommunalen Spitzenverbände in Auftrag gegeben haben, kommt jetzt zu dem Ergebnis: Das Land handelt verfassungswidrig und das aus gleich zwei Gründen.
Lisa Diener, Geschäftsführende Direktorin Städtetag Rheinland-Pfalz: „Das Land hat den Kommunen die Aufgaben übertragen und muss daher den Kommunen das auch finanzieren. Nach dem ganz einfachen Prinzip: ‚Wer bestellt, bezahlt.‘ Das ist der eine Weg, das hat unser Gutachter dargelegt. Der andere Weg, für den Fall, dass man dieser Argumentation nicht folgen sollte, ist der Weg der kommunalen Finanzausstattung. Hier sagt unser Gutachter klar, dass das Land jetzt erheben muss, wie groß die Belastungen vor Ort sind und nicht warten kann.“
Für dieses Jahr rechnen die Kommunen mit Ausgaben von mindestens 300 Millionen Euro. Zugesichert wurden ihnen vom Land bislang aber nur rund 122 Millionen Euro. Denn aus Sicht des Landes gilt das in der Verfassung festgehaltene Konnexitätsprinzip – wer bestellt, bezahlt – nicht für Kosten bei der Flüchtlingsunterbringung. Dieser Rechtsansicht widerspricht das heute vorgestellte Gutachten.
Andreas Göbel, Geschäftsführender Direktor Landkreistag Rheinland-Pfalz: „Damit sind wir in einer besseren Gesprächsposition gegenüber der Landesregierung. Darüber hinaus hat sich natürlich die Situation mit der dynamischen Entwicklung, dass immer mehr Geflüchtete zu uns ins Land kommen, nochmal verschärft.“
In der Staatskanzlei schweigt man heute zu den Ergebnissen des Gutachtens. Ganz anders die Opposition: Sie fordert schon länger, dass das Land die Kommunen mehr unterstützen müsse und fordert ein grundsätzliches Umdenken in der Asylfrage.
Gordon Schnieder (CDU), Fraktionsvorsitzender Landtag Rheinland-Pfalz: „Die Kommunen stehen mit dem Rücken an der Wand. Nicht nur finanziell, sondern auch mit der Frage nach Wohnraum. Wir brauchen hier dringend eine Begrenzung.“
Joachim Streit (Freie Wähler), Fraktionsvorsitzender Landtag Rheinland-Pfalz: „Es wäre besser, Ankerzentren einzurichten, auch Residenzpflicht und bei den Abschiebungen schneller zu sein.“
Michael Frisch (AfD), Fraktionsvorsitzender Landtag Rheinland-Pfalz: „Die Zeit der Ausreden und des Zögerns ist jetzt vorbei. Die Landesregierung muss endlich ihrer verfassungsrechtlichen Verpflichtung nachkommen und diese Aufgabe, die sie den Kommunen übertragen hat, auch finanziell entsprechend hinterlegen.“
Die kommunalen Spitzenverbände wollen mit den Ergebnissen ihres Gutachtens im Gepäck erstmal weiter das Gespräch mit der Landesregierung suchen. Doch sie drohen weiterhin auch mit einer Klage für den Fall, dass keine Einigung zustande kommt.
Lisa Diener, Geschäftsführende Direktorin Städtetag Rheinland-Pfalz: „Klagewege haben immer sehr formelle Voraussetzungen. Das heißt, wir haben knappe Fristen. Deswegen müssen wir jetzt parallel schauen, welchen Weg der Klage wir gehen würden und wer klagen wird.“
Die Verbände selbst können das Land allerdings nicht verklagen. Das kann nur eine betroffene Kommune tun. Angesichts der Probleme, die viele Städten, Gemeinden und Landkreisen gerade mit den Flüchtlingen haben, dürfte sich die jedoch schnell finden.