Gedenken an Pogromnacht vor 85 Jahren
Vergangene Nacht vor genau 85 Jahren ereignete sich die Reichspogromnacht. Damals brannten im ganzen Land Synagogen, jüdische Geschäfte wurden zerstört und Nazi-Schlägertrupps ermordeten Juden auf offener Straße. An die Opfer wurde gestern auch in Mainz gedacht. Besonders nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel ein besonderes Erinnern.
Ein Gebet für die jüdischen Opfer der Nationalsozialisten. Ein Gebet um zu erinnern, was passiert ist: der Beginn der systematischen Vernichtung von Juden. Auch hier in Mainz wurde die Synagoge in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 niedergebrannt.
Aharon Ran Vernikovsky, Rabbiner Jüdische Gemeinde Rheinhessen
„Da hat die Bevölkerung zugeschaut und war gleichgültig und hat nichts getan. Und danach wussten die Nazis, dass sie auch Menschen töten und Menschen verbrennen können. Das heißt, die Gleichgültigkeit ist die Voraussetzung für die Entstehung von demokratiegefährdenden Elementen und Bewegungen in einer Gesellschaft.“
Daher sei es wichtig daran zu erinnern, betont der Rabbi der Jüdischen Gemeinde Rheinhessen. Besonders weil es auch im Zuge des Krieges zwischen Israel und der Hamas immer mehr Antisemitismus in Deutschland gibt. Diese Gleichgültigkeit sei jetzt fatal, denn Mitglieder der Jüdischen Gemeinde fürchten sich wieder vor Angriffen. So muss die Polizei bei der Gedenkveranstaltung in der neuen Mainzer Synagoge mit vielen Einsatzkräften vor Ort sein.
Aharon Ran Vernikovsky, Rabbiner Jüdische Gemeinde Rheinhessen
„Ich kann mit dieser Kippa auf meinem Kopf, jetzt so wie ich hier vor Ihnen stehe, kann ich nicht normal auf die Straße gehen und in die Innenstadt laufen, weil ich nicht weiß, dass das für mich böse Konsequenzen haben kann.“
Dieses Gefühl sei erschreckend, sagt Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Antisemiten werden die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen. Dazu sei die breite und offene Solidarität der Gesellschaft mit Juden gefordert.
Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„Das ist alles sehr traurig. Es sollte uns aber immer wieder aufwecken als Demokraten und Demokratinne, um deutlich zu machen, wir stehen an der Seite der Juden und Jüdinnen aber wir kämpfen eben auch für ein offenes Deutschland, für ein tolerantes Deutschland und gegen Hass und Hetze.“
Auch in Bingen erinnern abends über 200 Bürger an die Pogromnacht. Im Zentrum des Gedenkens stehen Schüler der Rochus-Realschule, die über das Leben eines Binger Juden berichten. Ein Herzensanliegen für die Veranstalter.
Hermann-Josef Gundlach, Arbeitskreis Jüdisches Bingen
„Weil die Jugend sind die Erwachsenen von Morgen. Und diese Leute müssen wissen, was geschehen war und müssen geschichtliches Bewusstsein erfahren und demensprechend hier auch etwas erlernen und mitmachen und in der AG erfahren, wie so etwas war, damit so etwas nicht wieder passiert.“