Gedenken an 80 Jahre Auschwitz-Befreiung

Heute vor 80 Jahren haben sowjetische Soldaten das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz / Birkenau befreit. Wie kein anderes Wort steht Auschwitz für die unmenschlichen Verbrechen durch Deutsche während der Nazi-Herrschaft. Der Ort an dem über eine Million Juden umgebracht worden sind. Heute hat der rheinland-pfälzische Landtag an die Opfer gedacht. Unter den Gästen war Nicolaus Blättermann, der die Massenvernichtung überlebt hat.

Er ist Zeuge. Zeuge, wie Juden zusammengepfercht und in Arbeitslager gebracht und entmenschlicht werden. Zeuge des Holocaust. Der heute 104-jährige Nicolaus Blättermann wächst in Düsseldorf auf – dann kommen die Nationalsozialisten an die Macht.
Nicolaus Blättermann, Holocaust-Überlebender
„Und die wussten genau, dass die jüdische Minderheit verfolgt werden wird, haben wir eine Filiale übernommen in Kischinew. Das war damals Bessarabien, jetzt heißt es Moldawien. In Moldawien habe ich studiert, mein Studium beendet. Und mit 19 Jahren wurden wir deportiert. Das heißt. Ich bin in ein Gefangenenlager gekommen. Das war ein Nebenlager von Auschwitz.“
Bis 1945 wird er dort zur Arbeit gezwungen. Als einziger seiner Familie überlebt er. Und baut die jüdische Gemeinde in Bad Kreuznach mit auf.
Geschichten aus denen die Gesellschaft heute lernen muss, um auch für die Zukunft die richtigen Antworten zu finden, sagt heute der rheinland-pfälzische Landtagspräsident Hendrik Hering. Denn in Deutschland nehme Antisemitismus immer weiter zu. In der Zeit, wo es immer weniger Zeugen, wie Nicolaus Blättermann gebe, müsse die Gesellschaft Verantwortung übernehmen.
Hendrik Hering (SPD), Landtagspräsident Rheinland-Pfalz
„Auch in den Familien auffordern, nachzuforschen. Was ist in der eigenen Familie geschehen, was ist im eigenen Ort geschehen? Dann wird deutlich, dass das überall geschehen ist in Deutschland, überall Verfolgung stattgefunden hat. Dass das Alltagsgeschehen war in Deutschland. Und dann gibt es einen emotionalen Bezug. Dass man selbst, dass man vor Ort betroffen ist. Und dann kommt hoffentlich auch die Erkenntnis, dass jeder auch seinen Beitrag leisten kann, dagegen zu arbeiten, für eine demokratische offene Gesellschaft.“
Bei der Gedenkveranstaltung heute in der Neuen Mainzer Synagoge warnt auch Ministerpräsident Alexander Schweitzer vor Antisemitismus, der sich immer häufiger offen zeigt.
Alexander Schweitzer (SPD), Ministerpräsident Rheinland-Pfalz
„Wenn ich höre, dass jungen Menschen immer häufiger darüber nachdenken, ob sie die Kette mit dem Davidsstern doch besser zu Hause lassen oder unter dem T-Shirt verstecken, dann ist das zutiefst beschämend. Aber beschämt zu sein reicht nicht mehr.“
Für Nicolaus Blättermann kommt der Antisemitismus auch durch die Wahrnehmung von Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland.
Nicolaus Blättermann, Holocaust Überlebender
„Die Lösung, die ich habe, wäre, dass wir nicht immer Juden genannt werden. Wir sind Bürger dieses Staates und wir haben eine Religion. Das ist mosaische Religion. Genauso wie die Katholiken und Evangelischen. Wir sind immer noch so eine Art Minderheit, wir sind aber keine Minderheit, wir sind eingegliedert.“
Und als gleichberechtigte Bürger sollten alle Menschen behandelt werden. Egal welcher Herkunft und Religion. Das sei die Lehre, 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz.