Andacht in Ludwigshafen

In Ludwigshafen sitzt der Schock immer noch tief. Heute vor genau einer Woche sind hier zwei Menschen bei einem Messerangriff getötet worden, ein weiterer schwer verletzt. Ihnen wurde heute in der Christ-König-Kirche mit einer Gedenkfeier gedacht.

Zehn Minuten lang läuten heute die Kirchenglocken in Ludwigshafen. Von 12:20 Uhr bis 12:30 Uhr. Zehn Minuten, die für Familie Sprengart alles verändert haben. Vor einer Woche haben sie ihren Sohn Jonas sowie ihren Freund und Mitarbeiter Sascha verloren. Heute, an ihrem 19. Hochzeitstag, sucht das Ehepaar Trost und Halt in jener Kirche, in der ihr Sohn Jonas getauft wurde.
Kurt Sprengart, Vater von Jonas
Ich bin wirklich auch heute wieder gerührt, dass so viele Menschen Anteil nehmen. Hier an der Trauerfeier, an unserem Schmerz. Es gibt mir Kraft, jeden Tag. […] Ich glaub, ich bin mehr nur für andere da und funktioniere einfach. Mein Schmerz und mein Leid wird wahrscheinlich irgendwann später kommen, ich weiß es nicht. Sie wundern sich bestimmt, dass ich hier so reden kann. Aber es ist so.
„Weil es unfassbar ist, darum kommen wir jetzt zusammen.“ Mit diesen Worten von Pfarrerin Kerstin Bartels beginnt nach einer Schweigeminute die Gedenkandacht. Die aus Respekt vor den Trauernden nicht gefilmt werden darf. Rund 300 Menschen waren der Einladung von evangelischer und katholischer Kirche sowie Stadt gefolgt.
Sigrid Schüsler-Blum: „Ich frag mich immer: Wo ist der gott vorher. Das ist die große frage, die ich mir immer stelle, in solchen momenten. Ansonsten bin ich, wie meine Freundin, sprachlos.“
Jürgen Huber: „Meine kinder sind ähnlich alt. Und ich hab die drei alle gekannt. Für mich ist es unverständlich, unverständlich, dass sowas passieren kann.“
Hier in der Philipp-Scheidemann-Straße werden die beiden Handwerker Jonas und Sascha vor einer Woche auf offener Straße niedergestochen. Für sie kommt jede Hilfe zu spät. Der mutmaßliche Täter, ein 25-jähriger Somalier, verletzt anschließend einen weiteren Mann in einem nahegelegenen Drogeriemarkt schwer. Und kann erst durch Polizeischüsse gestoppt werden. Der Tatverdächtige befindet sich in einer Justizvollzugsanstalt und schweigt. Das Motiv bleibt unklar. Bei der heutigen Gedenkandacht sollen Gebete und ein Lichtermeer Hoffnung und Frieden spenden.
Kerstin Bartels, evangelische Pfarrerin und stellvertretende Dekanin Ludwigshafen:
„Ich hoffe, dass die Angehörigen oder die betroffenen an Leib und Seele gemerkt haben, dass sie nicht allein sind. Sondern dass es Menschen hier in dieser Stadt gibt, die ihnen den Rücken stärken.“
Rückenhalt kommt heute auch von Sozialminister Alexander Schweitzer und Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck, die jüngst ein Spendenkonto für die Angehörigen eröffnet hat.
Jutta Steinruck (SPD), Oberbürgermeisterin Ludwigshafen:
„Ich wünsche der Stadtgesellschaft, dass sie ihren Frieden findet. Ich wünsche uns allen, dass es dem Verletzten sehr schnell auch wieder gut geht. Wobei wir alle wissen, solche wunden werden nie heilen. […] Wir müssen tatsächlich alle zusammenhalten, um wieder alle unseren Frieden zu finden.“
Ein Frieden, der für Kurt und Maya Sprengart noch in weiter Ferne liegt. Sie versuchen, zumindest ihren Handwerksbetrieb aufrecht zu erhalten. Denn es muss ja weitergehen, irgendwie.