Freie Wähler fordern Freedom Day im Oktober

Seit ziemlich genau anderthalb Jahren bestimmt die Pandemie unseren Alltag. Seitdem verzichten wir auf vieles, sei es der persönliche Kontakt zu Freunden und Familie, ein unbeschwerter Restaurant-Besuch oder die heißersehnte Urlaubsreise. Dank der steigenden Impf-Quote entspannt sich die Situation nach und nach, aber eben sehr langsam. Und entsprechend langsam werden auch die Corona-bedingten Einschränkungen weniger. Zu langsam, finden die Freien Wähler im rheinland-pfälzischen Landtag und fordern einen Stichtag, an dem alle Maßnahmen aufgehoben werden – einen „Freedom Day“, nach dem Vorbild von Großbritannien oder Dänemark.

Hier im rheinland-pfälzischen Landtag wirkt auf den ersten Blick alles ganz normal: Die Abgeordneten sitzen nah beieinander, niemand trägt auf seinem Platz eine Maske. Eine hohe Impfquote unter den Abgeordneten und die 3G-Regelung machen es möglich.
So normal wie hier soll sich das Leben demnächst überall anfühlen, fordern die Freien Wähler. Dafür brauche es einen Stichtag, von dem an alle Bürger von jetzt auf gleich all ihre Freiheiten zurückbekommen.
Stephan Wefelscheid (FREIE WÄHLER), Abgeordneter Landtag RLP: „Für uns bedeutet die Ausrufung eines ‚Freedom Days‘ ein Schritt des Mutes und der Vernunft. Wir müssen wegkommen von ‚German Angst‘. Wer sich bewusst gegen die Impfung entscheidet, der muss mit dem daraus resultierenden Risiko leben.“
Ein genaues Datum nennt er nicht. Nur so viel: Im Oktober soll es so weit sein – dann, wenn jeder ein Impfangebot erhalten hat. Gesundheitsminister Hoch hält von dem Vorpreschen der Freien Wähler wenig.
Clemens Hoch (SPD), Gesundheitsminister RLP: „Es wird einen Tag geben und wir sehnen uns ihn alle schnell herbei – die einen schneller, die anderen vielleicht etwas später – an dem wir mit dem Virus so leben, wie wir es von anderen Erkrankungen auch kennen. Aber genauso wenig, wie unsere Maßnahmen willkürlich sind, können wir auch nicht willkürlich irgendein Datum festlegen, sondern wir orientieren uns an den Fakten.“
Fakten, die es zum jetzigen Zeitpunkt schlichtweg nicht möglich machen, alle Maßnahmen auf einmal aufzuheben. Das sieht auch die FDP so.
Philipp Fernis (FDP), Abgeordneter Landtag RLP: „Großbritannien hat sich das Maß an Mehrfreiheit sehr teuer, nämlich mit einer Vielzahl an Toten erkauft, weil dort durch eine wesentlich höhere Durchseuchung der Bevölkerung eine wesentlich höhere natürliche Immunität als bei uns entstanden ist. Die Gesamtimmunität in Deutschland reicht zum jetzigen Zeitpunkt leider nicht aus, um den Schutz des Gesundheitssystems durch Überlastung zu gewährleisten.“
Die CDU spricht sich klar gegen einen „Freedom Day“ aus.
Christoph Gensch (CDU), Abgeordneter Landtag RLP: „Die Wahrnehmung aller individueller Freiheitsrechte führt nicht nur zu individuellen Konsequenzen. Sondern ein steiler Anstieg der Infektionszahlen bietet auch immer noch Gefahrenpotenziale hinsichtlich einer Überlastung des Gesundheitssystems. Und da denken sie nicht nur an die Ungeimpften, sondern da denken sie auch an die Kinder und an die Jugendlichen, die wir nicht komplett durchseuchen wollen in den nächsten Wochen.“
Einzig die AfD befürwortet die Idee eines zeitnahen „Freedom Days“. Von Anfang an seien die einschränkenden Maßnahmen überzogen, ein Kollaps des Gesundheitssystems aufgrund der Pandemie habe zu keinem Zeitpunkt gedroht, so der Abgeordnete Bollinger.
Jan Bollinger (AfD), Abgeordneter Landtag RLP: „Angesichts dieser Fakten, der aktuell niedrigen Inzidenzen, einer vollständigen Impfquote von über 63 Prozent und der Tatsache, dass nunmehr jeder ein Impfangebot erhalten hat, ist es an der Zeit, endlich zur Normalität zurückzukehren und die bestehenden Einschränkungen für alle Menschen aufzuheben.“
Die große Mehrheit der Abgeordneten aber ist sich einig: Erst wenn die Impfquote weiter deutlich ansteige, könne über weitere Lockerungen nachgedacht werden. Sieht also so aus, als würde es in Rheinland-Pfalz in absehbarer Zeit keinen „Freedom Day“ geben.