Forschung im Ahrtal: Mit Drohnen gegen Katastrophen

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 stürzte bei der schrecklichen Flutkatastrophe nicht nur Wasser durch das Ahrtal. Geröll, Bäume und Autos erhöhten die Wucht der Flutwelle noch deutlich. Insgesamt starben dabei damals 134 Menschen. Jetzt soll ein digitales Geländemodell dabei helfen, sogenannte Massenbewegungen vorherzusagen und letztlich zu verhindern.

Die Rekonstruktion der Flutnacht und ihre geologischen Ursachen, aber auch die Vorhersage neuer Ereignisse: Diese Ziele verfolgt das Forschungsprojekt des Instituts für Geowissenschaften der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Dabei besonders im Fokus: Sogenannte Massenbewegungen.
Prof. Frieder Enzmann, Institut für Geowissenschaften Universität Mainz
„Also nicht nur das Wasser ist für das Schadenspotential entscheidend, sondern was ist auch in dem Wasser drin oder was wird in dem Wasser bewegt. Das können Baumstämme, Autos – man hat es gesehen in den Aufnahmen, was da passiert ist – und auch der Boden, der von den Hängen mit rein reingespült wird in die Ahr, all das erhöht die Energie des Wassers und führt dann auch zu größeren Schäden. Vor allem an besonderen Stellen im Uferbereich, den sogenannten Prallhängen, kann es eben zu massiven Erosionen, Unterspülungen führen, die dann die Schäden deutlich erhöhen.“
Diese Vorgänge früher erkennen: Dabei hilft das vor drei Jahren gegründete Start-up-Unternehmen aeroDCS, das mit hochentwickelten Drohnen und Kamerasystemen arbeitet. Unter der Leitung von Hans-Peter Thamm, Geograph und Professor für Fernerkundung, hat das Unternehmen aus Koblenz mit 6.500 Einzelaufnahmen ein digitales Geländemodell von der besonders stark betroffenen Gemeinde Schuld erstellt.
Hans-Peter Thamm, Technischer Leiter aeroDCS GmbH
„Auf der einen Seite können wir die Topographie, also das Gelände, sehr genau 3D aufnehmen. Dann können wir die Hangneigung ableiten. Die Exposition, also ob es nach Süden / Norden, das ist auch für die Erosion nicht unwichtig. Und wir sehen halt auch die Kluftstrukturen. Also gerade das Ahrtal ist geologisch überprägt, also da gibt es sehr viele Verwerfungslinien und Störungen und die können wir wirklich auf einen halben Zentimeter genau aufnehmen und dann so aufbereiten, dass die Modelle weiterverwendet werden können.“
Die Besonderheit: Die Bilder der bis zu 25 Kilo schweren Spezial-Drohnen sind extrem genau.
Prof. Frieder Enzmann, Institut für Geowissenschaften Universität Mainz
„In Rheinland-Pfalz, auch in anderen Bundesländern, gibt es flächendeckende, teilweise auch sehr hochauflösende digitale Geländemodelle, die auch in gewissen Zeitabständen immer neu beflogen werden. Das nennt sich ALS – Airborne Laser Scanning. Daraus rechnet man auch sehr hochäuflösende Geländemodelle, aber das besondere an diesen Drohnenmodellen ist, dass die nochmal ein Faktor zehn bis 100 etwa präziser sein können. Und die betten wir in diese bestehenden Modelle ein und können dann dort Aussagen nochmal deutlich präzisieren.“
Wo fließt das Wasser mit welcher Energie? Wo sind Hang- und Erdrutsche möglich? Und an welchen Stellen können sich Massenbewegungen, wie mitgerissene Autos, Gestein und Bäume leicht ablagern und aufstauen?
Antworten auf all diese Fragen soll das Forschungsprojekt der Uni Mainz liefern. Verbesserte Geländemodelle können, so sagt Frieder Enzmann, eine wichtige Rolle für künftige Hochwasserschutzkonzepte spielen, um Flutkatastrophen, wie die 2021 im Ahrtal, in Zukunft besser vorhersagen und vielleicht sogar verhindern zu können.