Kampf gegen die Schweinepest

Der Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest hält mehrere Landkreise in Rheinland-Pfalz und Hessen in Atem. Obwohl Menschen sich nicht mit dem Virus anstecken können, haben die Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Seuche auch für uns Konsequenzen. Welche das sind und was die Gemeinden derzeit unternehmen, um die Schweinepest in den Griff zu bekommen, haben wir uns im rheinhessischen Oppenheim angeschaut.

 

Endstation Zaun. Vor sechs Wochen wurde im Oppenheimer Wäldchen das erste mit Afrikanischer Schweinepest infizierte Wildschwein gefunden. Inzwischen sind im Umkreis von drei Kilometern 26 Fälle nachgewiesen worden. Damit Wanderer oder Haustiere das Virus nicht weitertragen, ist das Gebiet abgesperrt.
Erwin Malkmus, Beigeordneter Veterinärsamt Landkreis Mainz-Bingen: „Normalerweise hätten wir das Wäldchen komplett sperren müssen. Geht aber leider gar nicht, weil wir haben hier natürlich eine Gastronomie. Wir haben einen Campingplatz. Wir haben andere Aktivitäten. Da wohnt auch ein Mensch hier in der Nähe. Deswegen konnten wir den Wald nicht ganz zu machen und haben uns dann auf bestimmte Maßnahmen entsprechend zurückgezogen, die wir aber sehr gut mit den Vereinen hier abgesprochen haben.“
Eine Maßnahme ist dieser Container auf der Festwiese, in dem die toten Tiere gesammelt werden. Seit dem ersten Fund gelten zudem rund um Oppenheim verschiedene Schutzzonen. (KARTE1) Im Umkreis von drei Kilometern rund um die Fundstelle der toten Schweine befindet sich die Kernzone. Sie ist mit wenigen Ausnahmen abgesperrt. (/KARTE1) Das Jagen ist hier verboten. Hunde müssen angeleint werden. Freizeitaktivitäten sind nur eingeschränkt möglich. In Oppenheim betrifft das zum Beispiel den Angel- und Segelfliegerverein. Der Hundestrand ist nach einem Fund gesperrt. (KARTE2) In der infizierten Zone mit einem Umkreis von 15 Kilometern gilt weiterhin die Anleinpflicht für Hunde. Und es dürfen keine Schweine in das Gebiet gebracht werden. Die Jagd auf Wildschweine ist verboten, soll aber gelockert werden.(/KARTE2) Zudem plant Oppenheim eine Pufferzone im Umkreis von 30 Kilometern. Hier sollen Wildschweine gezielt gejagt und untersucht werden. Sollte sich die Schweinepest weiter ausbreiten, könnte das weitreichende Konsequenzen haben.
Erwin Malkmus, Beigeordneter Veterinärsamt Landkreis Mainz-Bingen: „Wenn so ein Schweinestall mit 160, 200 Schweinen getötet werden muss, ist das tragisch für den Kleinbetrieb. Aber wenn sie weitergehen nach Nordrhein-Westfalen, da gibt’s ja Schweinbestände mit Tausenden von Schweinen. Die müssten dann alle gekeult werden, das heißt, alle getötet werden. Und dann haben wir natürlich ein Riesenproblem mit dem Export. Das Schweinefleisch dürfte nicht mehr exportiert werden. Das ist ein riesiger wirtschaftlicher Schaden. Und den müssen wir natürlich verhindern.“
Die Folgen würden wohl nicht nur Schweinehalter oder Metzger spüren. Das einzige Restaurant am Oppenheimer Rheinstrand leidet schon jetzt unter weniger Besuchern, seit die Maßnahmen verhängt wurden.
Eugenius Steckler, Gastronom in Oppenheim: „Ich hab schon zwei Großveranstaltungen absagen müssen. Es ist natürlich so, dass wir geöffnet haben. Aber für manche ist es halt so, dass die es so verstehen, dass der Weg hier runter geschlossen wäre, was er aber nicht ist.“
Längst hat auch nicht jeder mitbekommen, wie ernst die Lage ist. Die Behörden melden am Wochenende Schäden durch Wanderer an den mobilen Elektrozäunen, die zur Eindämmung der Schweinepest gebaut wurden. In Oppenheim wollen sie an einem Strang ziehen und gemeinsam aufklären. Denn hier rechnen sie damit, dass einige Schutzmaßnahmen bis zu drei Jahre bestehen bleiben.
Eva Dieterle:
Viele Fragen sind noch offen und deshalb begrüße ich bei mir jetzt den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bodenheim, der gleichzeitig auch Tierarzt ist, Dr. Robert Scheurer. Schön, dass Sie hier sind. Guten Abend.
Robert Scheurer (CDU), Bürgermeister Verbandsgemeinde Bodenheim:
Ja, vielen Dank, dass Sie mich eingeladen haben.
Eva Dieterle:
Herr Scheuer, Sie sind ja bei uns quasi in doppelter Funktion heute. Deswegen lassen Sie uns erst mal mit der Tierseuche selbst beginnen. Wo kommt die so plötzlich her, die Tierseuche?
Robert Scheurer (CDU), Bürgermeister Verbandsgemeinde Bodenheim:
Dass die Afrikanische Schweinepest ursprünglich einmal aus Afrika kommt, jetzt wahrscheinlich aus Osteuropa, das ist so ein Stamm, der durchaus dort vorkommt und jetzt nicht mehr in Brandenburg vorgekommen ist, möglicherweise über Lebensmittel. Das heißt, in Schweineprodukten, Salami zum Beispiel oder rohen Schinken kann durchaus das Virus sehr lange haltbar sein. Und wenn jemand ein Brot wegwirft, weil das jetzt für ihn schlecht genießbar ist, verdorben scheint. Wildschweine mögen das dann, und die nehmen das auf, die würden sogar den Mülleimer umwerfen dafür, um an so ein Brot zu kommen.
Eva Dieterle:
Jetzt gab es Mitte Juni die ersten Fälle in Hessen, dann hat es nicht lange gedauert, dann hat auch Rheinland Pfalz
Alarm geschlagen. Wie hat sich das da so schnell verbreitet?
Robert Scheurer (CDU), Bürgermeister Verbandsgemeinde Bodenheim:
Ja gut, es gibt eine große Wildschwein-population am Kühlkopf und auf der anderen Seite ist dann auch Oppenheim und das Oppenheimer Wäldchen. Auch da gibt es eine große Population. Und für Wildschweine ist der Rhein kein großes Hindernis. Wildschweine sind sehr gute Schwimmer. Das heißt, das wird von Tier zu Tier sicherlich übertragen worden sein.
Eva Dieterle:
Für Menschen ist die Afrikanische Schweinepest ungefährlich. Das klingt zunächst mal so nach Entwarnung. Aber die Lage,
die ist eigentlich ganz schön ernst, oder?
Robert Scheurer (CDU), Bürgermeister Verbandsgemeinde Bodenheim:
Das Virus ist für Menschen nicht ansteckend, aber es ist für die Betriebe, die von den Schweinen leben müssen, die von Schweinefleisch-Produktion leben müssen, ist es existenzgefährdend. Sie können ihre Produkte irgendwann nicht mehr verkaufen außerhalb dieses Bereiches. Aber auch Futtermittelhersteller, Mais, Getreide Hersteller werden ihre Produkte irgendwann nicht mehr verkaufen können, weil sie ja möglicherweise mit dem Schweinepest-Virus kontaminiert sind.
Eva Dieterle:
Würden Sie so weit gehen, dass das Ganze dazu führen kann, dass es ein Ende der Schweinemast gibt? Ist das in Gefahr oder sagen Sie
Nein, so weit wird es nicht kommen.
Robert Scheurer (CDU), Bürgermeister Verbandsgemeinde Bodenheim:
Das ist ja genau der Grund, warum ich heute gerne hier bin. Wir müssen verhindern, dass es vom Wildschwein in die Schweinebetriebe eingeschleppt wird. Das ist eine große Herausforderung. Wir haben es ganz strenge Maßnahmen: Betretungsverbot, die Futtermittel werden kontrolliert, die Fahrzeuge werden desinfiziert, der Landwirt wechselt seine Kleidung komplett. Der geht also mit einer frisch
gewaschenen desinfizierten Kleidung durch die Ställe.Trotzdem ist es in Hessen passiert. Aber es muss vermieden werden, dass das weiterhin passiert. Denn das ist dann der nächste Worst Case, für so einen Betrieb, in Trebur ist das passiert. Bis zu 1800 Schweine wurden  getötet und das ist sehr fürchterlich. Das sind jetzt die Vorkehrungen, Maßnahmen, die die Landwirte machen müssen.
Eva Dieterle:
Sagen Sie uns zum Schluss noch mal was müssen die Menschen in den Risikogebieten oder am Ende wir alle beachten? Wie soll man sich verhalten? Als Spaziergänger, als Hundehalter, als Pilzsammler? Was darf man, was darf man nicht?
Robert Scheurer (CDU), Bürgermeister Verbandsgemeinde Bodenheim:
Am wichtigsten ist, dass wir die Schweine nicht unruhig machen, denn die Schweine übertragen das, wenn sie krank sind, von einem Schwein aufs andere. Das heißt nicht durchs Gehölz streifen, nicht den Hund frei laufen lassen, weil die Wildtiere haben sehr viel Angst und Achtung vor Hunden. Die laufen dann sehr spontan weg und laufen dann jedenfalls aus großer Entfernung. Und ansonsten müssen wir auch darauf achten, dass wir uns selbst auch in den Gebieten nicht als Verbreiter betätigen, indem wir mit Fußsohlen, mit Schuhen, mit Autoreifen, mit Fahrradreifen irgendwo in einem kontaminierten Material, also zum Beispiel in Schweinekot hineinfahren und das dann bis zu 20, 30 Kilometer über den Reifen oder die Sohlen verbreiten. Und die Risikogebiete meiden, vollkommen meiden und die Hunde nicht laufen lassen. Und bitte keine Lebensmittel wegwerfen, keine Lebensmittel auf denen Schweineprodukte sind.
Eva Dieterle:
Alles klar, ein Appell an uns alle. Herr Dr. Scheuer, vielen Dank, dass Sie heute zu diesem Thema bei uns waren.
Robert Scheurer (CDU), Bürgermeister Verbandsgemeinde Bodenheim:
Vielen Dank, dass ich eingeladen war. Danke sehr.