Flüchtlingszahlen in Hessen steigen

Aktuell steigt die Zahl der Geflüchteten wieder spürbar an. Die Plätze in den hessischen Erstaufnahmeeinrichtungen sind bereits größtenteils belegt. Auch die Kommunen reagieren. So betreibt der Rheingau-Taunus-Kreis nun eine zweite Notunterkunft in der 15.000-Einwohner-Gemeinde Niedernhausen. 30 Menschen sind hier in der ersten Woche angekommen.

Sie haben es geschafft – den Schrecken des Ukrainekrieges zu entkommen: Yuliia, Yurii, Nika und Nazar. Die vierköpfige Familie aus Kiew ist seit einem Monat in Deutschland. Nun kommt sie vorerst hier in der Autalhalle in Niedernhausen unter. Sie alle sind froh über Wasser, Strom, Verpflegung und ein Leben in Sicherheit.
Yuliia, ist mit ihrer Familie aus Kiew geflüchtet
„Das Wichtigste für mich ist, dass die Kinder ganz normal zur Schule gehen. Online-Unterricht ist in der Ukraine oft nicht möglich, weil es keinen Strom gibt. Meine Tochter kann sehr schön malen und ist sehr talentiert. Ich möchte, dass die Kinder sich ganz normal entwickeln und glücklich sind. Und dass sie Freunde in der Schule haben.“
Auch deshalb wünscht sich Vater Yurii eine rasche Anstellung als Dachdecker. Und eine richtige Wohnung für seine Familie. Aktuell leben sie in einer solchen Kabine. Spartanisch eingerichtet, auf gerade einmal neun Quadratmetern. Es fehlt an Privatsphäre – und an Sanitäreinrichtungen. So mussten draußen extra noch zwei Container aufgebaut werden. Bereits in wenigen Wochen könnte die Halle mit 168 Menschen vollständig belegt sein.
Joachim Reimann, CDU, Bürgermeister Niedernhausen
„Ich erwarte schon, dass von Bundesseite aus dafür gesorgt wird, dass die Zahlen in einem kontrollierbaren und auch stemmbaren Rahmen bleiben werden. Mir ist völlig klar, dass man das nur bis zu einem gewissen Grad auch steuern kann. Aber wenn schon Hallen belegt werden, dann sind wir an einem Punkt angekommen, an dem man auch aufpassen muss, dass es zu keiner Überforderung der Kommunen in Deutschland führt.“
Denn Kita- und Schulplätze seien knapp, die Zahl ehrenamtlicher Helfer begrenzt. Die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen erfasst aktuell etwa tausend Asylsuchende pro Woche, vor allem aus Afghanistan, Syrien und der Türkei. Von den landesweit rund 8.000 verfügbaren Plätzen sind bereits 7.286 belegt. Mehr als ein Drittel der Geflüchteten sind hier untergebracht, am zentralen Standort in Gießen.
Manfred Becker, Abteilungsdirektor Regierungspräsidium Gießen
„Wir versuchen im Moment, unsere Unterkünfte weiter zu komprimieren. Bauen noch mal zusätzliche Unterkünfte in Leichtbauweise in Friedberg auf und in Büdingen. Richten noch weitere Gebäude an anderen Standorten her. Aber die Hauptlast der Zugänge müssen wir im Moment an die Landkreise weiterleiten, damit hier in Gießen immer die Aufnahmefähigkeit gewährleistet ist.“
So müssten sich die Kommunen darauf vorbereiten, dass die – nach gesetzlichen Quoten geregelte Zuweisung von Geflüchteten – in den nächsten Wochen konstant hoch bleiben wird. Um die Menschen langfristig in Wohnungen unterbringen zu können, prüft der Rheingau-Taunus-Kreis derzeit die Anmietung von Liegenschaften.
Liane Schmidt, Leiterin FB Leistungsverwaltung Rheingau-Taunus-Kreis
„Was aber ganz wichtig ist, ist, dass wir einfach auch eine finanzielle Unterstützung dabei bekommen, eben diese ganzen Herausforderungen auch zu bewältigen. Weil das ist natürlich auch ein Punkt, der für uns als diejenigen, die das umsetzen, auch noch mal ganz wichtig ist.“
Allein der Betrieb der Halle als Notunterkunft könnte mehrere Hunderttausend Euro kosten – pro Monat. Die zuletzt von der Bundesregierung signalisierten Milliardenhilfen müssten nun schnell bei den Kreisen ankommen, um eine flächendeckende und menschenwürdige Unterbringung gewährleisten zu können.