Flüchtling wird Bademeister

Die Freibadsaison in vollem Gange und birgt leider alljährlich auch Risiken. Gestern Abend trieb ein sechsjähriger Junge im Freibad in Landau für kurze Zeit leblos an der Wasseroberfläche. Badegäste und die Badeaufsicht haben schnell reagiert, der Junge wurde wiederbelebt und kam wieder zu Bewusstsein. Der Sechsjährige kam ins Krankenhaus, ist aber außer Lebensgefahr. Vorfälle wie dieser zeigen, wie wichtig der Job der Badeaufsicht ist. Doch vielen Städten und Gemeinden mangelt es an geeignetem Personal. In Frankfurt gehen die Bäderbetriebe deshalb unter anderem im Brentanobad jetzt einen außergewöhnlichen Weg: Sie suchen gezielt in Flüchtlingsunterkünften nach potentiellen Bademeistern und Rettungsschwimmern.

Mohammadsadegh Nasiri ist vor dem Mullah-Regime aus dem Iran geflohen. Seit Anfang 2020 lebt er in Deutschland. Zurzeit in einer Flüchtlingsunterkunft des Deutschen Roten Kreuzes in Frankfurt. Als er dort hört, dass die Frankfurter Bäderbetriebe neue Mitarbeiter suchen, ist er sofort Feuer und Flamme.
Mohammadsadegh Nasiri, Flüchtling aus dem Iran
„Im Iran habe ich auch vier Jahre lang an der Universität Sportmanagement und Sportwissenschaft gelernt. Deswegen gefällt mir sehr. Auch drei Jahre lang als Bademeister gearbeitet.“
Mohammadsadegh Nasiri ist einer von insgesamt 55 neuen Mitarbeitern, die schon bald in Freibädern in ganz Frankfurt zum Einsatz kommen sollen. Als Bademeister, als Rettungsschwimmer, als Kassierer oder als Reinigungskraft – je nach Neigung und persönlichen Fähigkeiten. Zehn von ihnen hat die Stadt Frankfurt nun gemeinsam mit den Bäderbetrieben erstmals direkt in einer Flüchtlingsunterkunft rekrutiert.
Boris Zielinski, Geschäftsführer Frankfurter Bäderbetriebe (BBF)
„Das ist vor allem für uns erstmal wichtig, weil wir tolle neue Menschen gefunden haben, die in unserem Team arbeiten. Aber es heißt natürlich auch einfach viel mehr, über kurze Wege unbürokratisch Leute zu finden, die Lust haben, bei Ihnen zu arbeiten. Das tut uns gut, und freue ich mich unheimlich drüber.“
Auch Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef zeigt sich höchst erfreut und spricht von einer Win-Win-Situation.
Mike Josef (SPD), Oberbürgermeister Frankfurt
„Das ist eben beidseitige Integration. Auf der einen Seite schaffen wir für die Menschen Perspektive. Und ich finde, Arbeit ist Grundlage für eine Perspektive, Teil einer Stadt, Teil einer Gesellschaft zu sein. Und gleichzeitig ist es auch ganz gut, dass die Leute sich einbringen, arbeiten. Geld verdienen und ihren Lebensunterhalt dadurch selbst finanzieren.“
Was dem sozialdemokratischen Oberbürgermeister dabei besonders wichtig ist: Die neu eingestellten Flüchtlinge werden so wie alle anderen Mitarbeiter der Frankfurter Bäderbetriebe auch von Anfang an nach Tarif bezahlt.
Justus Wiehler, Leiter Flüchtlingsunterkunft Frankfurt
„Wir haben schon dafür geworben, diese Chance auch wahrzunehmen. Aber wir sind bei denen, die mitgemacht haben, offene Türen eingelaufen. Natürlich – unsere Klienten wollen arbeiten. Die wollen ein organisiertes Leben haben. Niemand will jahrelang in so einer Unterkunft sitzen.“
Das kann Mohammadsadegh Nasiri nur bestätigen: Er ist unendlich dankbar für seinen neuen Job, mit dem er der deutschen Gesellschaft endlich etwas zurückgeben könne.
Mohammadsadegh Nasiri, Flüchtling aus dem Iran
„Ich arbeite selber. Ich arbeite und Geld bekommen. Gefällt mir nicht, Geld geben von Sozialamt.“
Nicht zuletzt erhoffen sich die Verantwortlichen, dass die neuen Mitarbeiter aus Syrien, Afghanistan und anderen Ländern mögliche Konflikte mit Badegästen aus ihren Heimatländern besser beilegen können. Los geht es für die „Neuen“ Ende Juni: Bis dahin sollen sie nicht nur die Abläufe in den Schwimmbädern besser kennenlernen, sondern auch noch weiter an ihren Deutschkenntnissen feilen.