Fast alle Häuser können im Ahrtal wieder aufgebaut werden

Nach der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal Mitte Juli fand dort gestern Abend die zweite Zukunftskonferenz statt. In Grafschaft-Ringen kamen Landesregierung, Behörden und der Kreis Ahrweiler mit Bürgervertretern zusammen, um über Fragen des Wiederaufbaus zu informieren und zu diskutieren. Viele Betroffene wollen endlich wissen, wie es für sie nun weitergehen kann. So auch Peter Schnitzler aus Dernau.

Wo jetzt nur noch ein Trümmerfeld zu sehen ist, stand bis vor Kurzem noch das Hotel und Restaurant „Kölner Hof“. Peter Schnitzler leitete den Familienbetrieb in fünfter Generation über 20 Jahre lang. Doch die Flutschäden waren immens, der Abriss unvermeidbar. Jetzt möchte der 55-Jährige so schnell wie möglich an Ort und Stelle wieder aufbauen. Doch von Politik und Behörden fühlt er sich ausgebremst.
Peter Schnitzler, Gastronom & Hotelier aus Dernau
„Die sollen einfach klipp und klar sagen: Ihr könnt wieder ab dann und dann – und so müsst ihr’s machen. Ganz einfach, eigentlich. Dann braucht man kein Hintertürchen. Und darauf warten wir. Auf dieses ‚Okay‘ von denen. Damit wir sagen können: Jetzt können wir auch anfangen. Dann können wir auch die Planung machen, wie wir das Haus wieder machen können.“
Für Peter Schnitzler sind also noch viele Fragen offen. Antworten erhofft er sich gestern Abend von der Zukunftskonferenz, die er im Livestream verfolgt.
Vor Ort herrscht dichtes Gedränge. Das Interesse und die Erwartungen sind groß. Neben den seit Montag bestehenden Wiederaufbauhilfen und möglichen Hochwasserschutzmaßnahmen besonders im Fokus: Das neu ausgewiesene Überschwemmungsgebiet. Die gute Nachricht: Fast alle Häuser sollen an Ort und Stelle wieder aufgebaut werden dürfen. Abgesehen von 34 Häusern, die in besonderen Gefahrenbereichen direkt am Ufer der Ahr liegen.
Malu Dreyer, SPD, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„Mit denjenigen, die wir heute schon absehbar sagen können, dass ihr Haus zerstört ist und dass sie in der besonderen Gefahrenzone liegen, wurden schon bereits Gespräche geführt.Und wir würden dann helfen, dass es ermöglicht wird, über eine Härtefallklausel, dass sie ihr Haus an einer anderen Stelle wieder aufbauen können.“
Alle anderen Betroffenen im Überschwemmungsgebiet sollen nach erfolgter Einzelfallprüfung unter Auflagen wieder aufbauen können.
Anne Spiegel, Bündnis 90 / Die Grünen, Umweltministerin Rheinland-Pfalz
„Das könnten Schutzmauern sein, die errichtet werden, die 1,80 m hoch sind. Die würden sich bei dem einen Haus von der Statik her eignen, beim anderen Haus wiederum nicht. Dann geht es um wasserdichte Fenster und Ähnliches. Und ich kann nur appellieren, die Beratungs- und Informationsangebote in Anspruch zu nehmen.“
Alfred Sebastian lässt die Konferenz an diesem Abend etwas ratlos zurück. Der Bürgermeister von Dernau hätte sich konkrete Vorgaben gewünscht. Für einen schnellen und unbürokratischen Wiederaufbau seiner Ortsgemeinde.
Alfred Sebastian, parteilos, Bürgermeister von Dernau
„Es geht nichts ohne wasserrechtliche Genehmigung. Und da kommt es drauf an, wie scharf sind die Regeln, wie werden sie ausgelegt. Es kann nicht sein, dass ein touristischer Ort demnächst im Erdgeschoss nur noch Garagen oder unbewohnte Gebäude hat. Und deswegen wird es darauf ankommen im Detail, was möglich ist und nicht möglich ist.“
Beratung sollen Betroffene bei den anstehenden Einwohnerversammlungen bekommen. Seit gestern Abend hat Peter Schnitzler nun zwar die Gewissheit, sein Haus hier wieder aufbauen zu können – doch wie genau, das weiß er nicht.
Peter Schnitzler, Gastronom & Hotelier aus Dernau
„Ob wir drei Meter höher müssen, keine Ahnung. Ob wir da jetzt Stelzen drunter bauen müssen. Ob wir eine Garage drunter bauen müssen oder ein Lager einfach. Und das sind jetzt die Fragen, auch für den Architekten. Nachher ist wichtig für uns, wie wir das jetzt machen müssen.“
Derweil versucht Peter Schnitzler, mit einem Cateringservice auf lokalen Festen über die Runden zu kommen. Und hofft, nächsten Sommer wieder Gäste vor der Haustür bewirten zu können – zumindest draußen, in einem richtigen Biergarten.