Erfolgreiches Azubi-Bauprojekt
Er ist aktuell eine der größten Sorgen der Wirtschaft: der Fachkräftemangel. Besonders im Handwerk wird dringend Nachwuchs gesucht, bei vielen Betrieben sind Ausbildungsstellen in den letzten Jahren unbesetzt geblieben. Ein Unternehmen aus dem osthessischen Schlüchtern hat sein Ausbildungskonzept deshalb neu gedacht: mehr Verantwortung und Mit-Anpacken ab Tag 1.
Eine Baustelle in Sinntal-Altengronau im Mainz-Kinzig-Kreis. Hier entsteht gerade ein neues Wellness-Zentrum: Friseur, Kosmetik, ein Blumenladen und ein Café. Das Besondere: Die Maurer für den Rohbau sind fast ausschließlich Auszubildende. Ein Projekt der Firma Jökel Bau.
Andreas Walther, Bauleiter
„Die Idee ist eigentlich aus dem Fachkräftemangel heraus entstanden. Wir haben uns überlegt, was können wir machen, dass wir neue Mitarbeiter gewinnen und da sind wir auf die Idee gekommen, die Auszubildenden einfach richtig miteinzubeziehen, denen was Besonderes zu bieten, wo sie eigenständig arbeiten können, eine einzigartige Ausbildung, und so dem Fachkräftemangel bei uns in der Firma entgegen zu wirken.“
Unter der Marke „Azubibau“ setzen Auszubildende selbstständig und mit voller Verantwortung Bauprojekte um. Ein Bauleiter und Facharbeiter leiten den Maurernachwuchs an, erklären, prüfen, dass alles stimmt. Der 20-jährige Bleon hat hier vor wenigen Wochen seine Ausbildung begonnen. Das Konzept hat ihn überzeugt.
Bleon Berisha, Maurer-Azubi im 1. Lehrjahr
„Ich habe auch vorher schon bei ein, zwei anderen Firmen Praktikum gemacht und da war halt wirklich das Problem, die Azubis mussten nur Arbeit machen, für die sie gar nicht die Ausbildung machen müssen. Also, die haben dann wirklich nur den ganzen Tag gekehrt, gefegt, mit der Schippe irgendwie Dreck aufgesammelt, unten auf der Baustelle Müll aufgesammelt, durften gar nicht selber den Beruf lernen und dann hast du auch gar keinen Spaß dran. Weil dann fühlst du dich, wie als ob du nur hier wärst als billiger Arbeiter und das wollen wir ja nicht und das will ja auch die Firma nicht. Weil dann wollen die Leute auch nach der Ausbildung nicht wirklich bleiben.“
Der Plan geht auf. Dieses Jahr konnte das Unternehmen vier neue Azubis gewinnen. Momentan habe man hier so viel Nachwuchs wie in den letzten 15 Jahren nicht.
Finn Röhrich, Maurer-Azubi im 3. Lehrjahr
„In anderen Firmen machst du nur kleinere Arbeiten, da machst du nicht alles selbstständig, da bist du halt … drei Jahre guckst du zu und so, aber darfst nicht so richtig intensiv mitmachen wie hier.“Felix Larbig, Maurer-Azubi im 1. Lehrjahr:
„Also ich hatte schon ein Praktikum hier gemacht, da habe ich halt gemerkt, dass hier mehr Eigenständigkeit angefordert wird und dass man hier mehr machen kann, eigenständig. Und wenn man halt noch Hilfe braucht, kriegt man es beigebracht oder wie man es besser machen kann.“
Der Anteil von Theorie und Praxis ist wie überall sonst auch. Nur eben die Gestaltung der Praxis, die ist anders. Auch für Praktikantin Helene war das Mit-Anpacken-Können ausschlaggebend. Frauen auf der Baustelle – noch immer eher eine Seltenheit.
Die Qualität sei übrigens genauso wie auf jeder anderen Baustelle, versichert der Bauleiter. Bei den Kunden komme das Konzept gut an.
Andreas Walther, Bauleiter
„Bei unserem Projekt, das wir hier haben, war die Bauherrin wirklich drauf und dran, dass wir das Projekt nur in unserem Azubibau bauen. Sie wollte das gerne. Sie kommt auch aus dem Handwerk und fand die Idee super.“