Einzelhandel kritisiert 2G-Regel

Auch die heutige Sendung beginnt mit neuen Rekord-Zahlen: Bundesweit haben sich innerhalb eines Tages über 200.000 Menschen mit Corona infiziert. Zum ersten Mal liegt die Sieben-Tage-Inzidenz über 1.000, in der Stadt Offenbach sogar über 2.000. Doch in Hessen und Rheinland-Pfalz fühlen sich viele Einzelhändler, die nicht Waren des tägliche Bedarfs verkaufen, unfair behandelt. Denn bei ihnen dürfen nur Geimpfte und Genesene shoppen gehen. In benachbarten Bundesländern ist diese 2G-Regel hingegen längst gekippt worden.

Rein darf nur, wer geimpft oder genesen ist. Entsprechend der rheinland-pfälzischen Corona-Verordnung gilt das auch hier bei Wilfried Heil in Kaiserslautern seit zwei Monaten.
Wilfried Heil, Einzelhändler aus Kaiserslautern
„Wenn das so weitergeht, fühle ich mich dann doppelt bestraft. Einmal durch die Corona-Maßnahmen sowieso und 2G verschärft das Ganze nochmal.“
Seine Umsatzeinbußen beziffert Wilfried Heil auf 30-40%.
Wilfried Heil, Einzelhändler aus Kaiserslautern
„Die Leute haben gar keine Lust, sich kontrollieren zu lassen, nicht alle.“
Ähnliches erlebt Tatjana Steinbrenner in ihrem Kaufhaus im südhessischen Bensheim.
Tatjana Steinbrenner, Einzelhändlerin aus Bensheim
„Wenn Sie durch die Innenstädte laufen, es ist momentan echt ein Trauerspiel. Die Frequenzen sind ein Minimum, es ist kaum jemand auf der Straße. Das ist das eine Problem, das keiner mehr zum Einkaufen kommt.“
Statt Kunden zu beraten, sind zudem viele ihrer Mitarbeiter nur damit beschäftigt, Ausweisdokumente und Immunitätsnachweise zu kontrollieren.
Tatjana Steinbrenner, Einzelhändlerin aus Bensheim
„Und zum anderen kann ich meinen Laden nicht normal aufschließen. Ich habe verschiedene Türen, die einfach verschlossen sind, wo der Kunde erst noch die Tür suchen muss, wo er rein darf.“
In Nachbarbundesländern von Rheinland-Pfalz und Hessen, nämlich in Baden-Württemberg, dem Saarland und Bayern haben Oberverwaltungsgerichte die 2G-Regel bereits gekippt.
Der rheinland-pfälzische Einzelhandelsverband befürchtet, dass dies einen Einkaufstourismus zu den Nachbarn befeuern könnte. Zudem sei der Einzelhandel kein Pandemietreiber. 2G müsse jetzt abgeschafft werden.
Thomas Scherer, Hauptgeschäftsführer Einzelhandelsverband Rheinland-Pfalz
„Man hat ja gesehen in den entsprechenden Entscheidungen gerade im Saarland, dass dort auch klargestellt worden ist, dass verschiedene Regeln nicht transparent genug sind, nicht nachvollziehbar sind und die sind in Rheinland-Pfalz ähnlich gefasst. Von daher bestärkt es uns natürlich darin, – diese Rechtsprechung – dass man sagt, man müsste in Rheinland-Pfalz jetzt auch endlich mal einen Schritt nach vorne machen.“
In Hessen hatte Woolworth am Samstag derweil auf eigene Faust entschieden, die 2G-Kontrollen einzustellen. Die Kaufhauskette beruft sich darauf, auch Lebensmittel anzubieten und damit zu Grundversorgung zu gehören. Ob das so ist, müssen laut hessischem Wirtschaftsministerium jetzt die kommunalen Ordnungsbehörden entscheiden. Die Ordnungsämter in Bad Vilbel und Gießen haben bereits erklärt, dass Woolworth kein Grundversorger sei und die Kunden demnach auf 2G kontrollieren müsse.
Doch bald könnte 2G im hessischen Einzelhandel grundsätzlich kippen. Denn Mitte Februar wird der hessische Verwaltungsgerichtshof über eine Klage der Modekette Ernsting´s Family, die gegen die 2G-Regel geklagt hat. Dieses Urteil könnte maßgeblich für den gesamten Einzelhandel sein.
Eine ähnliche Grundsatzentscheidung durch das Oberverwaltungsgericht in Rheinland-Pfalz ist noch nicht abzusehen. Landesweit sind derzeit fünf Klagen anhängig, unter anderem eine der Spielwarenhandelsgesellschaft Rofu Kinderland – in erster Instanz beim Verwaltungsgericht in Mainz.
Wilfried Heil und Tatjana Steinbrenner jedenfalls hoffen, dass die 2G-Regel in ihren Läden bald der Vergangenheit angehört.