Dreyer erkundigt sich in Belgien über Flüssiggas

Die explodierenden Energiepreise stellen die deutsche Wirtschaft vor nie gekannte Herausforderungen. Vor allem die chemische Industrie sucht händeringend nach neuen Gaslieferanten – wissend, dass dieser Stoff wohl nie mehr so billig sein wird wie damals, als er noch in rauen Mengen aus Russland zu uns strömte. Doch Chemie-Giganten wie die BASF können ohne Gas quasi einpacken! Zu einem bedeutenden Lieferanten von sogenanntem Flüssiggas entwickelt sich in diesen Monaten auch Belgien. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sorgt sich um den Chemiestandort Rheinland-Pfalz und eilte nun ins Nachbarland, um sich anzuschauen, was dort möglich ist.

Was von oben wie eine einfache Industrieanlage aussieht, ist einer der wichtigsten Knotenpunkte für die Deutsche Gasversorgung: Zeebrugge an der Nordsee. Von hier wird Gas aus Norwegen oder Großbritannien direkt nach Deutschland geleitet. Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine kommt hier auch immer mehr Flüssiggas an. Das Unternehmen Fluxys transportiert das Gas dann weiter.
Remy Laurent, Pressesprecher Fluxys
„Um Ihnen eine Größenordnung zu nennen: In den letzten drei Monaten haben Gaslieferanten unsere Netzwerke so stark ausgelastet, dass vier Mal so viel Gas nach Deutschland und den Niederlanden geliefert wurde als ganz Belgien verbraucht.
Über Pipelines fließt das Gas von hier aus zunächst nach Aachen. Von dort wird es nach Rheinland-Pfalz und weiter nach Baden-Württemberg geleitet.“
Da Belgien schon jetzt einer der wichtigsten Handelspartner für Deutschland und Rheinland-Pfalz ist, informiert sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin, welche Flüssiggaskapazitäten Belgien noch hat, denn in Zukunft wird auch Rheinland-Pfalz stärker von Flüssiggaslieferungen über Belgien angewiesen sein. Besonders weil die geplanten deutschen Flüssiggasterminals an der Nordsee weit weg von Rheinland-Pfalz sind.
Malu Dreyer, SPD, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„Da sind wir auch in Gesprächen mit der Bundesnetzagentur – was ist erforderlich, damit noch mehr Gas transportiert werden kann, das ist das eine und das andere ist natürlich, dass bei dem anderen bestehenden Netz tatsächlich auch noch einmal geschaut wird, wie können die Verbindungen, wie können wir es unterstützen, dass die Netzt eben auch sehr schnell angebunden werden an andere Transportwege.“
Das ist auch für große Unternehmen wie die BASF wichtig. Am Stammwerk in Ludwigshafen und hier in Antwerpen – der größten BASF-Niederlassung außerhalb Deutschlands – musste die Ammoniakproduktion gedrosselt werden. Der Rohstoff, der unter anderem zur Herstellung von Düngemittel gebraucht wird, müsse jetzt zum Beispiel aus den USA zugekauft werden- Das sei aufgrund der teuren Erdgaspreise billiger als die eigene Produktion, erklärt der Standortleiter.
Jan Remeysen, Standortleiter BASF Antwerpen
„Erdgas ist ein wichtiger Rohstoff und dann brauchen wir den richtigen Preis und die richtige Verfügbarkeit. Das heißt, hohe Verfügbarkeit und Preise, die im Vergleich mit dem Rest der Welt wettbewerbsfähig sind. Und das ist, was wir brauchen. Und im Moment sind diese Rahmenbedingungen gefährdet.“
Der Chef des Ifo-Instituts Clemens Fuest befürchtet, dass es trotz Lieferungen aus Belgien und den schon zu 85 Prozent gefüllten deutschen Gasspeichern trotzdem zu Engpässen kommen könnte. Denn vor allem Privathaushalte würden bisher kaum Gas einsparen, sogar mehr verbrauchen. Dadurch sei die Produktion von Gütern gefährdet. Die Ministerpräsidentin ruft daher zum Energiesparen auf.
Malu Dreyer, SPD, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„Es hat auch einen persönlichen Vorteil, denn die Energie ist zurzeit sehr teuer. Und alle Entlastungspakete der Bundesregierung, auch wenn ich sie sehr unterstütze, werden nicht dazu führen, dass man das komplett kompensieren kann. Und deshalb ist es wichtig, dass wir sparen.“
Da die Kapazitäten in Zeebrugge noch nicht erschöpft sind, könnte Belgien bald zu einem noch wichtigeren Handelspartner für die deutsche Gasversorgung werden. Ob dadurch aber die Ausfälle an russischem Gas ausgeglichen werden können, ist ungewiss.