Diskussion um Vorstoß zu neuer Wehrpflicht

55 Jahren war er etwas ganz Normales: der Grundwehrdienst bei der Bundeswehr. Seit 2011 ist dieser Grundwehrdienst ausgesetzt. Nun, im angesichts des Ukraine-Krieges und geopolitisch unsicheren Zeiten, müsse „Deutschland kriegstüchtig“ werden, so die Worte von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius. Heute hat er in Berlin Pläne vorgestellt, die Teil eines neuen Wehrdienstes werden könnten. Sind bald Männer und Frauen wieder zum Dienst an der Waffe verpflichtet?

 

Es ist ein Vorhaben eines deutschen Verteidigungsminister, das vor wenigen Jahren wohl noch schwer vorstellbar war: Boris Pistorius will einen neuen Wehrdienst, und dazu jeden 18-Jährigen Mann einen Fragebogen schicken.
Boris Pistorius (SPD), Bundesverteidigungsministerium: „Der Fragestellung enthält zu Qualifikation, zu Interessen, aber auch die Frage beantworten soll, wer sich vorstellen kann, freiwillig Dienst bei der Bundeswehr zu leisten.“
In einem Eckpunkte-Papier begründet das Verteidigungsministerium den Schritt mit drastischen Worten.
  1. „Wir gehen davon aus, dass Russland trotz des Angriffes auf die Ukraine und der dortigen Verluste bis 2029 in der Lage ist, NATO-Territorium anzugreifen.“
  2. „Wir müssen unsere Fähigkeiten zur Abschreckung und Verteidigung zur Abschreckung und Verteidigung so verbessern, dass Aggressoren davon ablassen, NATO-Territorium anzugreifen.“
Die Bundeswehr verfügt derzeit über 180.000 aktive Soldaten. Für die Bündnisverteidigung der NATO benötige sie laut Pistorius 460.000 Berufssoldaten und Reservisten.
Mit dem Wehrdienst wolle man anfangs jährlich 5000 Soldaten gewinnen.
Das neue Modell der Wehrpflicht soll ein halbes Jahr Grundwehrdienst umfassen. Wer will, kann freiwillig bis zu 23 Monate Wehrdienst leisten.
  1. Die Bundeswehr will eine Erfassung aller Menschen im wehrdienstfähigen Alter durch Fragebögen.
  2. Männer und Frauen müssen im Fragebogen ihre Bereitschaft und Fähigkeit zu einem möglichen Wehrdienst dokumentieren. Die Frauen dürfen den Bogen an die Bundeswehr zurückschicken; Männer sind dazu verpflichtet.
  3. Die Bundeswehr entscheidet aufgrund der Bögen, wen sie zur Musterung einlädt und verpflichtet.
Doch was halten diejenigen davon, die am ehesten betroffen wären? Wir haben uns in Mainz umgehört.
Elias Völkel: „Grundsätzlich fände ich das gar nicht so schlecht, die Wehrpflicht wieder einzuführen. Die Frage ist halt, wie man da gezwungen wird oder es eine freiwillige Sache wird.“
Aaron Siewert: „Ich finde Krieg ist etwas völlig Lächerliches. Es sollte freiwillig sein.“
Fabio Opitz: „Ich bin der Meinung, es sollte freiwillig bleiben. Und wenn dann bin ich eher ein Fan vom sozialen Pflichtjahr.“
Ein Fan eines Pflichtjahres ist auch er: CDU-Landesvorsitzender Christian Baldauf. Genau wie die Bundes-CDU setzt er auf ein Dienstjahr für Deutschland, zu dem auch ein Wehrdienst gehören kann. Auf Freiwilligkeit allein dürfe man nicht mehr setzen.
Christian Baldauf, CDU-Landesvorsitzender Rheinland-Pfalz: „Mir geht es darum, dass das auch diejenigen machen, die meinen, in diesem Land alle Vorteile genießen zu können und sich durchaus, so meine ich auch einbringen können. Freiheit hat ihren Preis und Wohlstand und eine geschlossene Gesellschaft auch. Dafür bedarf es einer verpflichtenden Dienstpflicht.“
Ein Ziel, dass Boris Pistorius wohl kaum erreichen dürfte. Doch auch die Einführung des neuen Wehrdienstes in dieser Legislaturperiode bleibt ein ambitioniertes Ziel.