„Die Rache ist mein“ – Ausstellung im Jüdischen Museum in Frankfurt

Rache ist ein niedriger Beweggrund – so steht es in vielen Gerichtsurteilen. „Rache ist süß“ – das steht auf einem Schokoriegel im Jüdischen Museum Frankfurt. „Rache. Geschichte und Fantasie“, so heißt die neue Ausstellung, die nicht nur einen Fokus auf den Zweiten Weltkrieg wirft. Die Rache zieht sich nämlich von den Anfängen bis heute durch die jüdische Geschichte.

„Die Rache ist mein“. Im Alten Testament ist Gott rachsüchtig. Es wird viel Blut vergossen, auch durch Personen in den Geschichten. Samson und Judith üben Rache im Namen Gottes. Die ersten fünf Bücher der Bibel sind die jüdische Bibel, die Tora. Auch „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ ist eine Redewendung aus der Tora.
Prof. Dr. Mirjam Wenzel, Direktorin des jüdischen Museums Frankfurt
„Diese Wendung wurde von Seiten der christlichen Kirche häufig als Beweis für den Primitivismus des sogenannten Alten Testaments interpretiert und es wurde Jüdinnen und Juden unterstellt, sie seien rachsüchtig. ‚Auge um Auge, Zahn um Zahn‘ bedeutet in der jüdischen Tradition stets die Frage nach einem angemessenen Schadensersatz. Es ist dafür eine Formel. Für Schadensersatz.“
Für Schadensersatz sorgen traditionell Phantasiefiguren mit Riesenkräften aus alten Legenden. Der Golem ist seit dem Mittelalter ein jüdischer Rächer. Er kämpft gegen das Böse. Doch manche Schuld lässt sich nicht durch die Rache einer Märchenfigur begleichen.
Doron Kiesels Großeltern sind in einem Konzentrationslager umgebracht worden. Als Kind forderte er Vergeltung. Doch trotz Prozesse gegen NS-Kriegsverbrecher kommen viele Täter straffrei davon.
Prof. Dr. Doron Kiesel, Mitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland
„Nicht nur das. Sondern nach ’45, ungefähr bis Mitte der 60er Jahre waren sehr viele Nazis und Nazirichter und Staatsanwälte weiterhin im Justizwesen tätig. Das ist inzwischen vom Bundesjustizministerium sehr ausgiebig erforscht worden. Und insofern liegen heute die Fakten vor und die zeigen, wie braun die ersten Jahrzehnte waren.“
Nakam ist das hebräische Wort für Rache. In Deutschland fast vergessen sind die Juden, die sich in Nazi-Deutschland mit einer Waffe zur Wehr gesetzt haben. So wie David Frankfurter. Er erschießt einen Landesgruppenleiter der NSDAP, emigriert nach Palästina. In Israel ist er auch heute noch großer Held.
Dr. Max Czollek, Lyriker und Ideengeber der Ausstellung
„Ich würde sagen, dass gerade diese Ausstellung beweist, dass Juden und Jüdinnen schon immer auf die Gewalterfahrung die sie gemacht haben, zugleich schon immer mit Trauer und Angst, aber auch mit Widerstand, Wut, manchmal auch Rache reagiert haben. Eine Rache im Übrigen, die vor allem in Gebeten, in Texten, in Legenden sich ausgedrückt hat und nur sehr selten in realen Handlungen.“
Auch Hollywood ist in der Ausstellung vertreten. Ein Original Baseballschläger aus „Inglourious Basterds“. Mit ihm rächt sich ein Jude an einem SS-Offizier. Im Film, nicht in der Realität.
Was ist Gerechtigkeit? Darum geht es in der Ausstellung „Rache. Geschichte und Fantasie“. Bis zum 17. Juli bleibt sie im Jüdischen Museum Frankfurt.