Die Preise steigen

Einkaufen, Tanken, Heizen wird immer mehr zur Qual: Die Preise steigen so schnell wie seit knapp 30 Jahren nicht. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden diese Woche mitteilte, ist die Inflationsrate im September auf 4,1 Prozent gestiegen. Aber wie kommt es eigentlich, dass unser Geld immer weniger wert ist? Und werden die Preise in Zukunft noch weiter steigen?

Wenn am Ende des Geldes plötzlich immer mehr Monat übrig ist, dann liegt das auch bei uns in Hessen und Rheinland-Pfalz in erster Linie am Preistreiber Nummer 1: Den Energiekosten.
Besonders deutlich sichtbar wird das an der Zapfsäule: So kostet 1 Liter Super im Schnitt zurzeit etwa 1,77 Euro – und damit gut 35 % mehr als noch vor einem Jahr. Hauptgründe: Die steigenden Rohölpreise und die staatliche CO2-Bepreisung. Doch nicht nur Autofahrer bekommen die Inflation zu spüren: Weil auch die Preise für Heizöl, Erdgas und Strom innerhalb eines Jahres sprunghaft angestiegen sind, sprechen Experten schon vom teuersten Winter aller Zeiten – wenn man denn nicht frieren will. Auch Lebensmittel und Konsumgüter werden teurer – ist das im Alltag der Menschen bereits spürbar?
Bianca Benning, zahnmedizinische Fachangestellte
„Es wird alles ein wenig teurer, das merkt man schon.“
Leonard Schrimpf, Chemielaborant
„Ich merke nur, dass der Döner bei uns im Ort zum Beispiel teurer wurde.“
Bianca Mulalic, Kauffrau für Büromanagement
„Ob jetzt bei den Lebensmitteln oder im Einzelhandel, das merkt man mittlerweile wirklich überall. Strom sowieso. Begeistert bin ich davon überhaupt nicht. Weil – man muss wirklich jeden Cent umdrehen mittlerweile.“
Maximilian Kucera, Medizinstudent
„Ich finde, das spürt man auf jeden Fall. Gerade, wenn man zum Supermarkt geht. Oder wenn man im Restaurant ist und was isst. Ich komme gerade selbst vom Restaurant. Das finde ich schon, ehrlich gesagt, sehr sehr kritisch. Weil – im gleichen Atemzug steigen halt auch einfach nicht die Löhne.“
Doch woran liegt das eigentlich, dass die Inflation gerade so rasant galoppiert?
Für die Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen, kurz Helaba, liegt die Antwort auf der Hand: Weil die Wirtschaft wegen der coronabedingten Lockdowns und der Kaufzurückhaltung der Menschen im vergangenen Jahr weltweit am Boden gelegen habe, herrsche jetzt überall Nachholbedarf.
Gertrud Traud, Chefvolkswirtin Helaba
„Diese große Nachfrage, die kommt auf ein begrenztes Angebot. Und sie kommt jetzt auch sehr schnell. Und deswegen kommen die Unternehmen nicht hinterher. Ob das Halbleiter, Fahrradteile, was auch immer ist – wir haben eine größere Nachfrage als ein Angebot. Und deswegen steigen die Inflationsraten überall in der Welt an. Nicht nur bei uns.“
Beispiel Autoreifen. Weil im vergangenen Jahr viele Menschen pandemiebedingt auf größere, nicht unbedingt notwendige Anschaffungen verzichtet haben, wurden 2020 deutlich weniger Reifen verkauft als sonst üblich. Inzwischen hat sich die Wirtschaft erholt, das Geld sitzt wieder lockerer: Viele Autofahrer wollen den dringend erforderlichen Reifenwechsel jetzt nachholen. Die Nachfrage steigt – doch gleichzeitig kann das Angebot nicht mithalten: Weil der Kautschukbedarf weltweit enorm gestiegen ist, kommen die Rohstoff-Lieferanten mit der Produktion derzeit kaum nach. Geringes Angebot bei steigender Nachfrage sorgt für höhere Rohstoff-Preise: So kostet Kautschuk auf dem Weltmarkt zurzeit rund 50 % mehr als noch vor einem Jahr.
Zu den Lieferengpässen kommen Transportprobleme: Wegen der Corona-Pandemie waren wichtige Häfen teils monatelang geschlossen. Es herrscht Nachholbedarf; die Nachfrage nach Containern und Frachtschiffen ist momentan enorm. Die Folge: Lange Wartezeiten und höhere Kosten.
All das zusammen führt dazu, dass am Ende der Verbraucher draufzahlt: So kosten Autoreifen zurzeit etwa 7 % mehr als noch vor einem Jahr.
Das Leben wird also insgesamt teurer. Und doch gibt es auch bei hoher Inflation Gewinner und Verlierer.
Gertrud Traud, Chefvolkswirtin Helaba
„Die Gewinner sind diejenigen, die hoch verschuldet sind, weil die reale Verschuldung reduziert wird. Gleichzeitig wird auch das reale Vermögen und das reale Einkommen reduziert. Also, wer ein gegebenes Einkommen hat, stößt jetzt auf die höheren Preise und muss sehen, wie er zurechtkommt. Also Definitiv: Die Verbraucher sind die Verlierer.“
Nach Ansicht der Experten wird die Inflationsrate in den kommenden Monaten zunächst noch weiter ansteigen – möglicherweise sogar auf über 5 %.
Im kommenden Jahr könnte dann allmählich ein Abwärtstrend einsetzen.